
1. Geschichte
Gründung
Die beiden Doktoranden Larry Page und Sergey Brin lernen sich an der Stanford Universität kennen. Sie entwickeln erste Vorläufer der Google-Suchmaschine, stoßen bei Investoren und Internetportalen aber auf wenig Interesse.
Namensfindung
Der Name Google entsteht aus der Zahl Googol, eine große Zahl (Eins mit 100 Nullen), welche die unendlichen Anzeigen der Suchmaschine symbolisieren soll. 1999 geht die Webseite live und wird 2000 bereits zum Marktführer.
Börsengang und neue Produkte
Google startet mit einem Börsenwert von 23 Mrd. US-Dollar. Außerdem wird Gmail gelauncht und Google übernimmt Where2, den Vorreiter von Google Maps.
Android
In 2005 übernimmt Google das Betriebssystem Android für 50 Mio. US-Dollar. Ein Jahr später kauft Google YouTube für 1,7 Mrd. US-Dollar auf.
Kartellamt
Google übernimmt das Online-Werbenetzwerk DoubleClick für 3,1 Mrd. US-Dollar. Dadurch erreicht Google 80 % der Marktanteile im Online-Werbebereich und bekommt erstmals Probleme mit dem Kartellamt. Sie entwickeln außerdem interessenbasierte Werbeanzeigen (Targeted Advertising) und fangen an, viele Unternehmen aufzukaufen.
Alphabet entsteht
Google strukturiert sich zu Alphabet Holdings um. Google wird eine Tochtergesellschaft und Sundar Pichai der neue Google-CEO.
Gründerrücktritt, Fitbit und Google Stadia
Die beiden Gründer treten zurück und überlassen Sundar Pichai die Führung. Im gleichen Jahr kauft Alphabet die Fitness-Tracker-Firma Fitbit und bringt die Cloud-Gaming Plattform Google Stadia auf den Markt.
Monopol in der Online-Suche
Google übernimmt die Cybersecurity-Unternehmen Siemplify und Mandiant sowie den Augmented-Reality Brillen Zulieferer Raxium. Stadia wird eingestellt. Aus Alphabet ist heute eine riesige Holding geworden, die zum Marktführer bei der Online-Suche, beim Video-Streaming oder bei den Smartphone-Betriebssystemen aufgestiegen ist. Alphabets Mission ist es, die Informationen der Welt zu organisieren. Damit bleibt das Suchgeschäft zentraler Teil der Mission. In den letzten Jahren wollte Alphabet weg von der Onlinewerbung, aber viele Erfindungen konnten sich noch nicht am Markt durchsetzen.
2. Management und Aktionärsstruktur

“Für mich ist es wichtig, dass wir die Technologie als ausgleichende Kraft vorantreiben, als Befähiger für alle Menschen auf der Welt.”
Sundar Pichai
CEO Alphabet
Doch zuerst studiert Pichai Metallurgie in Indien. Durch seine herausragenden akademischen Leistungen erwirbt er ein Stipendium für ein Masterstudium in Stanford. Der Flug in die USA kostet seine Familie ein ganzes Jahreseinkommen und somit ihr gesamtes Erspartes. Doch die Investition wird sich auszahlen. Nach ersten Berufserfahrungen als Ingenieur bei Applied Materials erwirbt Pichai noch einen MBA an der Wharton School.
Nach ein paar Jahren als Unternehmensberater bei McKinsey wechselt er 2004 zu Google. Eines seiner ersten Projekte war die Entwicklung von Google Chrome. Außerdem ist er maßgeblich an dem Erfolg von Google Drive, Gmail und Google Maps beteiligt. 2013 wurde er Produkt-Manager von Android, bevor er 2015 zum CEO von Google wurde. 2019 wurde er CEO von Alphabet.
In unseren Augen ist Sundar Pichai der ideale CEO für Alphabet. Er vereint die Vision von Google, die Menschheit durch technologischen Fortschritt voranzubringen. Seine akademischen Leistungen zeigen seine hohe Intelligenz und Disziplin. Außerdem beweisen seine Entwicklungserfolge bei Google seine innovative Natur und Führungsstärke. Diese Kombination ist sehr wertvoll und hat ihn zurecht zum CEO gemacht.
Eine weitere wichtige Führungspersönlichkeit von Alphabet ist Ruth Porat (seit 2015 CFO von Alphabet). Die ehemalige Investmentbankerin und Finanzchefin bei Morgan Stanley wird von Forbes regelmäßig zu den einflussreichsten Frauen der Welt gekürt. Ihr Führungsstil wurde in der McKinsey-Studie “How remarkable women lead” analysiert.
Kurz vor dem Platzen der Dotcom-Blase macht sich Porat einen Namen, als sie 672 Mio. US-Dollar an Amazon Anleihen platzierte. Denn nur wenig später brach die Aktie von Amazon ein und das Unternehmen hätte kein neues Kapital aufnehmen können. Somit wäre Amazon vermutlich insolvent gegangen.
Während der Finanzkrise 2008 arbeitete sie eng mit der Regierung zusammen und wurde angeblich von Barack Obama als Finanzministerin nominiert. Die engen Kontakte zur Regierung sind für Alphabet vorteilhaft, um sich vor regulatorischen Maßnahmen zu schützen.
Außerdem setzt sie sich für eine bessere Kostendisziplin ein. Sie hat die langfristige Denkweise von Google adaptiert und ist bereit für hohe Investitionen, aber nur wenn Erfolgschancen in Aussicht stehen. In unseren Augen die richtige Einstellung.

Ruth Porat
CFO Alphabet
Vergütungssystem
Alphabets Vergütungssystem besteht aus einem Fixgehalt plus Aktien. Sundar Pichai bezieht als CEO 2 Mio. US-Dollar Fixgehalt, während die anderen Mitglieder des Managements ein Fixgehalt von 650.000 US-Dollar beziehen.
2019 bekam Sundar Pichai Aktienoptionen im Wert von 277 Mio. US-Dollar. Diese werden über einen Zeitraum von drei Jahren ausgezahlt. Gewinnt die Aktie an Wert, wird sein Bonus noch wertvoller. Die Vergütung bindet Pichai stärker an das Unternehmen und vereint die Interessen von Aktionären und Management.
Nichtsdestotrotz finden wir die Vergütung zu hoch. 2014 bekam Pichai bereits Aktien im Wert von 250 Mio. US-Dollar und im folgenden Jahr nochmal Optionen im Wert von 76 Mio. US-Dollar. Angeblich lehnte er 2018 ein weiteres Optionspaket freiwillig ab.
Auch der Rest des Managements wird extrem hoch vergütet. CFO Ruth Porat bekam 2020 Aktienoptionen im Wert von 50 Mio. US-Dollar, genauso viel wie Kent Walker. Für beide kamen 2021 nochmal 14 Mio. US-Dollar an Optionen hinzu.
Grundsätzlich finden wir das Vergütungssystem gut. Doch im Vergleich zu Amazon finden wir die Vergütung zu hoch. Amazons CFO Brian Olsavsky hat in den letzten drei Jahren nur Aktien im Wert von 17 Mio. US-Dollar bekommen, genauso wie der Chefanwalt von Amazon. Gerade bei Amazon ist der CFO sehr wichtig. Wir sehen wenige Gründe, wieso der Alphabet CFO mehr als das Doppelte bekommen sollte.
Im Median verdienten Angestellte bei Alphabet ca. 300.000 US-Dollar in 2021. Das wirkt hoch, allerdings ist Google bekannt für exzellente Mitarbeiter. Hier sehen wir die hohen Gehälter positiv. Dadurch kann Alphabet die besten Talente anziehen.
Aktionärsstruktur

Zwar sind die Gründer Larry Page und Sergey Brin nicht mehr im Management von Alphabet, doch sie halten immer noch knapp 12 % der Anteile. Das macht sie zu den größten Aktionären.
Alphabet hat drei verschiedene Aktienarten. Klasse-A-Aktien sind normale Aktien mit Stimmrecht. Klasse-B-Aktien besitzen 10-mal so viele Stimmrechte wie Klasse-A-Aktien und Klasse-C-Aktien besitzen gar keine Stimmrechte. Die Struktur ermöglicht es den Gründern, die Kontrolle über Alphabet zu behalten. Zusammen halten beide alle B-Aktien und somit die Mehrheit der Stimmanteile.
Dadurch haben reguläre Anteilseigner nur wenig Einfluss auf wichtige Entscheidungen. Da beide Gründer nicht auf Dividenden angewiesen sind, zahlt Alphabet auch keine. In Zeiten von hohen Kursgewinnen kein Problem, aber im Angesicht von steigenden Zinsen werden Dividenden eventuell interessanter. Immerhin hat das Unternehmen in den letzten Jahren mit Aktienrückkäufen begonnen. Das Gute ist, Sundar Pichai kann sich dadurch auf langfristige Ziele konzentrieren.
Für uns ist die Aktionärsstruktur ein zweischneidiges Schwert. Bisher haben beide Gründer bewiesen, dass sie langfristigen Wert für Aktionäre schaffen. Doch wenn die Kursgewinne oder das Wachstum ausbleiben, ist es fraglich, ob die Gründer gewillt sind, eine Dividende zu zahlen.
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3. Geschäftsmodell
3.1.Grundlagen zum Geschäftsmodell
Alphabets Kernangebot sind die Google Suchmaschine, YouTube und das Google Network. Alle drei monetarisiert Alphabet hauptsächlich durch Onlinewerbung. Für Nutzer sind die Dienste kostenlos.
Die erste Onlinewerbung gab es bereits 1994. Groß wurde das Geschäft aber erst durch Google. Anfangs war Google vergleichbar mit klassischen Werbeplakaten an wichtigen Verkehrsknotenpunkten. Werbekunden konnten ihre Webseiten und Produkte auf Google platzieren und erreichten so täglich Millionen von Menschen.
Das Attention Merchant Model
Mit der Einführung von Targeted Advertising (gezielte Werbung) veränderte Google das Geschäft jedoch maßgeblich. Der Konzern sammelt und analysiert die Daten seiner Nutzer. Dadurch kategorisiert Google seine Nutzer und verbindet sie mit den relevantesten Werbekunden.
In der Fachliteratur wird das Geschäftsmodell als “Attention Merchants Business Model” (Aufmerksamkeitshandel) beschrieben. Denn der Konzern verdient an der Aufmerksamkeit seiner Nutzer. Dabei entsteht eine positive Spirale. Gesammelte Nutzerdaten verbessern das Sucherlebnis. Nutzer werden zufriedener, suchen mehr und geben noch mehr Daten preis. Je mehr Daten der Konzern besitzt, desto wertvoller wird er für Werbekunden.

Google bezahlt Geld, um Aufmerksamkeit zu erhalten
Das Wichtigste ist, niemals die Aufmerksamkeit der Nutzer zu verlieren. Bei YouTube setzt Google hohe Anreize für Nutzer, selbst Videos hochzuladen. Diese können ab einer gewissen Reichweite Werbung schalten und einen Teil der Werbeerlöse einbehalten. Außerdem zahlt Google jährlich Milliardensummen an Smartphone-Hersteller wie Apple oder Samsung, um weiterhin der Standardbrowser zu bleiben. Diese Kosten klassifiziert Google als “Traffic Acquisition Cost” (TAC).
Diese Kosten sind in den letzten 20 Jahren mit 23,7 % pro Jahr gewachsen und erreichten letztes Jahr eine Summe in Höhe von 45,6 Mrd. US-Dollar. Damit ist das Geschäftsmodell nicht so leicht skalierbar, wie der erste Blick vermuten lässt. Mehr Nutzer bedeuten auch mehr Kosten.
Zwischen 2004 und 2015 hat es der Konzern allerdings geschafft, die Umsätze stetig schneller zu steigern als die TAC. 2004 musste Google noch 40 Cent pro US-Dollar Umsatz für die Aufmerksamkeit der Nutzer zahlen. 2015 waren es nur noch 21 Cent. Doch seit 2015 hat die Wachstumsrate der TAC das Umsatzwachstum eingeholt. Der Anteil der TAC an den Werbeumsätzen ist stagniert, beziehungsweise sogar leicht schneller gewachsen. Den zukünftigen Trend sollten Investoren im Auge behalten.

3.2. Alphabets Geschäftsmodell
Alphabet ist ein globaler Technologiekonzern und erwirtschaftet den Großteil der Umsätze mit Online-Werbeanzeigen. Das Geschäft ist in drei Segmente aufgeteilt:
- Google Services
- Google Cloud
- Other Bets

Google Services
93 % der Umsätze entfallen auf das Google Services Segment. Innerhalb des Segments werden 88 % der Umsätze mit Werbung erwirtschaftet.
Die Werbeumsätze betrugen 2021 insgesamt 210 Mrd. US-Dollar und entfielen auf die drei Plattformen Suchmaschine, YouTube und Google Network. Alle drei werden etwas unterschiedlich monetarisiert.
Google Suchmaschine. Werbekunden können für Anzeigen bei Suchanfragen auf Google.com bieten. Diese können weltweit geschaltet werden oder nur an Nutzer aus einer bestimmten Region. Die Kunden bezahlen Google für jeden Klick auf ihre Anzeige. Alternativ können sie aber auch für eine Anzahl der Impressionen zahlen oder für definierte Interaktionen mit der Werbung. Per Auktionsverfahren zeigt Google die Anzeigen der höchstbietenden Kunden an.
YouTube. Werbekunden können Werbung in Form von Bannern, Videos und Bildern auf der Plattform schalten. Ähnlich wie bei Google.com können sie mit verschiedenen Strategien für ihre Anzeigen bieten und Google wählt die Anbieter per Auktionsverfahren aus. Bei YouTube haben Werbekunden aber mehr Optionen. Allein für die Videowerbung bietet YouTube vier verschiedene Optionen. Außerdem können Werbetreiber ihre Zielgruppe noch genauer nach Interessen auswählen.
Google Network. Hier verdient Google Geld mit Werbung außerhalb ihrer eigenen Plattform. In der Regel sind das Betreiber von Webseiten oder Apps, die mithilfe von Google AdSense oder anderen Google Produkten Werbung schalten. Besonders viele kleinere Webseiten oder Apps erhalten dadurch Zugang zu dem großen Werbenetzwerk von Google. Diese lassen über AdSense und Co. die Werbeanzeigen von Google schalten und erhalten 51 % der Werbeeinnahmen. Der Rest geht an Google.
YouTube ist historisch am schnellsten gewachsen. Aus persönlichen Erfahrungen wenig überraschend. Mittlerweile werden die Werbeunterbrechungen immer häufiger und länger.

Für einige meiner Freunde ist das mittlerweile ein Grund, ein YouTube-Premium Abonnement abzuschließen. Geniale Taktik von Google — Nutzer so sehr mit Werbung nerven, dass diese doch für die Plattform zahlen. Auch auf diese Weise kann man die Umsätze außerhalb des Werbegeschäfts steigern.
Insgesamt stecken diese Initiativen aber noch in den Kinderschuhen. Alle Nicht-Werbeumsätze bündelt der Konzern unter Google Other. Die wichtigsten sind Android, Google Play Store und Google Pixel.
Cash–Cow Android und Play Store
Die profitabelsten Angebote von Google Services sind Android und der Play Store. Im Rahmen einer Gerichtsverhandlung wurden 2016 die Umsätze und Gewinne mit Android geleakt. Bis 2016 erwirtschaftete Android 31 Mrd. US-Dollar und 22 Mrd. US-Dollar an Gewinnen. Die Zahlen beziehen sich auf mehrere Jahre, aber machen deutlich, wie profitabel das Geschäft mit Android ist.
In einem weiteren Gerichtsfall 2019 wurden die Umsätze und Gewinne mit dem Play Store veröffentlicht, diesmal nur für 2019. Der Umsatz betrug 11 Mrd. US-Dollar und der operative Gewinn 7 Mrd. US-Dollar — eine operative Marge von 62 %.
Cash-Vernichter Google Pixel
Weniger profitabel sind neue Initiativen wie das Google Pixel. Der Gedanke ist simpel. Alphabet zahlt aktuell jedes Jahr Milliarden an andere Smartphone-Hersteller wie Apple und Samsung, um Google als Standardsuchmaschine zu installieren. Jeder neue Pixel-Nutzer bedeutet weniger Gebühren an andere Smartphone-Hersteller. Alphabet möchte damit näher an den Nutzer heran und unabhängiger von Apple werden.
Bisher waren die Pixel-Modelle allerdings ein Flop. Erst das Pixel 6a konnte das Geschäft etwas in Schwung bringen. Im letzten Quartal steigerte Alphabet die Umsätze mit dem Pixel im Vergleich zum Vorjahr um 230 %. Trotzdem kommt der Konzern in den USA erst auf 2 % Marktanteil. In unseren Augen aber keine Überraschung. Selbst unter Google-Angestellten ist das Pixel unbeliebt. Um sich in dem Markt festzusetzen, muss Alphabet noch viel investieren.
Google Cloud
Das zweite Segment ist die Google Cloud. Das Kernangebot der Google Cloud ist Infrastructure-as-a-Service (IaaS). Google vermietet digitale Infrastruktur wie Server- und Speicherkapazitäten an Kunden. Diese müssen sich die Infrastruktur selbst einrichten und konfigurieren.
Mittlerweile ist die Google Cloud aber auch mehr als nur IaaS. Mit dem Google Drive und den Google Workspace Angeboten bietet Google auch Software-as-a-Service (SaaS) Lösungen. Google Drive bietet Kunden digitalen Speicherplatz für ihre Fotos, Dateien und Workspace-Dokumente. Damit hat Google dem Unternehmen Dropbox die Wachstumsstory gestohlen.
Mit dem Workspace-Paket greift Google einen noch viel mächtigeren Konkurrenten an — Microsoft. Mit Google Sheets, Google Docs, Google Meets bietet Google Unternehmen Lösungen für die Kollaboration und Produktivität an.
Insgesamt ist das Segment seit 2019 mit 47 % pro Jahr gewachsen. Anders als bei den Konkurrenten AWS und Azure bleibt das Cloud-Geschäft für Google allerdings unprofitabel.

Other Bets
Das kontroverseste Segment von Alphabet ist Other Bets (“Andere Wetten”). Der Name beschreibt das Segment passend — Wetten auf Projekte, die zukünftig sehr erfolgreich sein könnten. Das Segment ist kennzeichnend für die Umbenennung von Google in Alphabet 2015. Der Name steht für “Überrendite” (Alpha) mit “Wetten” (bets).
Alphabet selbst gibt nur wenige Daten zu ihren Wetten preis. Wir haben selbst recherchiert und die sechs wichtigsten herausgesucht:
Waymo entwickelt Software für autonomes Fahren. Seit 2020 sind auch externe Investoren beteiligt.
Google Fiber baut Hochgeschwindigkeits-Glasfasernetze. Mit bis zu 2.000 Mbit pro Sekunde bietet Google Fiber einen der schnellsten Internetzugänge der Welt. Kunden bekommen unlimitierte Daten, keine versteckten Vertragsklauseln und sämtliche Ausrüstung umsonst. Dafür ist das Angebot deutlich teurer.
Verily ist ein Forschungsunternehmen von Alphabet im Bereich Biowissenschaften. Verily arbeitet schon seit 2017 mit externen Investoren zusammen und hat seitdem 2,5 Mrd. US-Dollar eingesammelt.
DeepMind ist eine Forschungseinrichtung für Künstliche Intelligenz und wurde 2014 von Google gekauft. Das Start-up konnte bei Alphabet durch Automatisierung und Effizienzsteigerungen viele Kosten einsparen.
Google Ventures und Capital G. Die beiden Investmentgesellschaften von Alphabet verwalten insgesamt 11 Mrd. US-Dollar an Risikokapital. Sie beteiligen sich an Start-ups und verkaufen ihre Anteile auch wieder.

Doch die bisherige Erfolgsbilanz ist ernüchternd. Seit 2013 kommt das Segment auf 5,4 Mrd. US-Dollar Umsatz bei einem operativen Verlust von 30,9 Mrd. US-Dollar. Im aktuellen Marktumfeld schwer vorstellbar, dass Alphabet bisher wirklich Überrendite erzielt hat. Operativ hat es die Marge nur heruntergezogen.
Das bedeutet nicht, dass wir das Segment grundsätzlich schlecht finden. Other Bets symbolisiert eine innovative Kultur, die Google noch so erfolgreich hält. Viele der Projekte beschäftigen sich mit den größten Problemen der Menschheit. Doch die Zahlen der letzten Dekade geben uns wenig Grund, für die nächsten 10 Jahre mit einer Gewinnexplosion zu rechnen.
In unserem Prognosezeitraum gehen wir davon aus, dass sich die Umsätze mehr als verdoppeln und die operativen Verluste um 70 % reduziert werden. Dennoch wird das Segment den fairen Wert von Alphabet negativ beeinflussen. In unseren Augen nicht ganz fair, denn für den Verkauf der Anteile würden sie heute Geld bekommen.
Daher schauen wir uns den Wert der vier wichtigsten Wetten und die beiden Investmentgesellschaften genauer an.
Bewertung von Waymo
Die bekannteste und wertvollste Wette von Alphabet ist Waymo. Schon 2009 begann Google mit der Entwicklung von autonomen Fahrzeugen. Von 2009 bis 2015 investierte Google 1,1 Mrd. US-Dollar in Waymo. In den nächsten Jahren schienen sich die Investitionen phänomenal auszuzahlen. 2018 schätzten Analysten den Wert von Waymo auf 175 Mrd. US-Dollar.
Doch die Entwicklung verzögerte sich. 2020 musste Waymo in zwei Runden insgesamt 3,2 Mrd. US-Dollar an Kapital aufnehmen. Bei beiden Runden musste Alphabet externe Investoren reinbringen, die Bewertung betrug angeblich nur 30 Mrd. US-Dollar. 2021 trat der CEO John Krafcik zurück und Waymo musste noch einmal 2,5 Mrd. US-Dollar aufnehmen. Seitdem sind die Bewertungslevel von unprofitablen Start-ups weiter zurückgegangen. Der Wert liegt also vermutlich bei unter 30 Mrd. US-Dollar. Zum Vergleich, das autonome Start-up TuSimple, welches im April 2021 an die Börse gegangen ist, hat seitdem 82 % des Börsenwerts verloren.
Cruise ist der größte Wettbewerber von Waymo. Auch Cruise war 2021 30 Mrd. US-Dollar wert. Ein Vergleich der beiden Anbieter ist schwer. Wir haben die Daten analysiert, die beide den US-Behörden zu Tests und Unfällen eingereicht haben. 2021 ist Waymo mit seinen autonomen Autos mehr als doppelt so viele Meilen gefahren wie Cruise und hatte trotzdem weniger Unfälle. Daraus lässt sich schließen, dass Waymo Cruise ein Stück voraus ist.
Für unsere Bewertung nehmen wir die 30 Mrd. US-Dollar aus der letzten Runde an und vermuten, dass Alphabet mittlerweile 10 % der Anteile abgegeben hat.
Fairer Wert des Waymo-Anteils: 27 Mrd. US-Dollar.
Bewertung von Google Fiber
Bei den anderen Start-ups wird die Bewertung wesentlich schwerer. Google Fiber schien anfänglich ein Erfolg, doch nach Antritt von Ruth Porat wurden alle Expansions-Pläne gestoppt und viele Angestellte entlassen. Dieses Jahr wurde wieder die erste Expansion angekündigt.
Mittlerweile erreicht Google Fiber ca. 1 % der US-Bevölkerung. Wachstumspotenzial gibt es noch jede Menge, Konkurrent AT&T erreicht 99 % der US-Bevölkerung. Für die Bewertung stehen uns wenige Informationen zur Verfügung.
2016 zählte Google Fiber angeblich 453 Tsd. Netzwerkkunden. Laut Google Trends ist das Interesse an dem Suchbegriff Google Fiber seitdem deutlich abgesunken. Die Zahl der Kunden ist vermutlich nicht gewachsen. Bei einem durchschnittlichen Preis von ca. 70 US-Dollar im Monat würde der Konzern also 32 Mio. US-Dollar Umsatz pro Monat erwirtschaften und damit knapp 380 Mio. US-Dollar Umsatz im Jahr erreichen. Angenommen, die Bewertung gleicht T-Mobile, wäre Google Fiber den 3,4x-fachen Umsatz wert.
Fairer Wert von Google Fiber: 1,3 Mrd. US-Dollar
Bewertung von Verily
Verily ist ein Forschungsunternehmen im Bereich Biowissenschaften. Verily spezialisiert sich auf den Bereich “precision health” (präzise Gesundheit), in dem es um digitale Anwendungen für den Gesundheitsmarkt geht.
Außerdem verkündete Verily den Einstieg in den Markt für Krankenversicherungen. Bisher geht es dabei um den Schutz von Arbeitgebern bei extremen Schadenssummen (Stop-Loss-Versicherung). Der Markt ist laut S&P Global Intelligence 20 Mrd. US-Dollar groß.
2016 galt Verily noch als unerfolgreich, doch in den letzten Jahren hat das Geschäft an Fahrt gewonnen. Angeblich gelangen Verily in den letzten Jahren dreistellige Umsatzwachstumsraten. Somit könnte der Wert des Unternehmens bereits im zweistelligen Milliardenbereich liegen. Allerdings ist es für uns unmöglich, den Wert genau abzuschätzen. Besonders, da wir nicht wissen, wie viele Anteile Alphabet nach vier Kapitalerhöhungen noch hält.
Grob geschätzt wird Verily bei der letzten Kapitalerhöhung vermutlich 5 bis 10 % neuer Anteile herausgegeben haben. Diese wären 1 Mrd. US-Dollar Wert, wodurch sich für uns eine Bewertungsreichweite von 10 bis 20 Mrd. US-Dollar ergibt. Bei drei von vier Kapitalerhöhungen waren externe Investoren beteiligt. Alphabet hat vermutlich 5 bis 20 % der Anteile abgegeben. Wir gehen zur Vereinfachung von 10 % aus. Damit wäre der Wert: 9 bis 18 Mrd. US-Dollar.
Fairer Wert von Verily: 9 bis 18 Mrd. US-Dollar
Bewertung von DeepMind
Das britische Start-up ist eine Forschungseinrichtung für Künstliche Intelligenz und wurde 2014 von Google gekauft. Bei der Bewertung von DeepMind gibt es gute und schlechte Nachrichten.
Die gute Nachricht: Als britisches Unternehmen muss DeepMind im „Company House“ (vergleichbar mit dem deutschen Bundesanzeiger) seine Geschäftszahlen veröffentlichen.
Die schlechte Nachricht: Der Umsatz von 826 Mio. britischen Pfund im Jahr 2020 lag über dem Gesamtumsatz der Other Bets Sparte von Alphabet im gleichen Jahr. Dabei kontrolliert Alphabet eigentlich noch den Großteil des Unternehmens.
Wir vermuten, das liegt daran, dass DeepMind den Großteil seiner Umsätze durch „Luftbuchungen“ verdient. Denn die größten Erfolge erzielte DeepMind bisher bei der Effizienzsteigerung von Alphabets Prozessen. Beispielsweise konnte Google Cloud viel Strom durch eine intelligente Steuerung einsparen. Dafür erhielt DeepMind auf dem Papier eine Bezahlung von Alphabet. Das sind aber reine Luftbuchungen. Wäre DeepMind eigenständig, wäre es fraglich, ob der Umsatz noch so hoch liegen würde.
Angenommen, die 826 Mio. GBP wären trotzdem realistisch, könnte man das KI-Unternehmen mit dem gleichen Multiple von C3.ai bewerten (EV/Sales: 2,7).
Fairer Wert von DeepMind: 2,4 Mrd. US-Dollar
Bewertung der Investmentfirmen Capital G und Google Ventures
Capital G. Capital G ist eines der beiden Investmentvehikel von Alphabet. Im Gegensatz zu Google Ventures konzentriert es sich eher auf weiter fortgeschrittene Start-ups. Laut Website hat die Gesellschaft 3 Mrd. US-Dollar an verwalteten Geldern. Das macht uns die Bewertung leicht. Ein Investmentfonds hat normalerweise einen leichten Abschlag zu seinen Netto-Vermögenswerten.
Fairer Wert von Capital G: 2,9 Mrd. US-Dollar
Google Ventures. Das gleiche Prinzip gilt für Google Ventures. Die zweite Investmentgesellschaft von Alphabet hat über 8 Mrd. US-Dollar an Vermögenswerten. Inklusive Discount wird der Wert also bei rund 7,3 bis 8,0 Mrd. US-Dollar liegen.
Fairer Wert von Google Ventures: 7,5 Mrd. US-Dollar
Gesamtwert der Anteile an den 6 Unternehmen: ca. 50 bis 60 Mrd. US-Dollar
Umsatz nach Region

Alphabet ist in fast allen Ländern der Welt verfügbar. Dennoch erwirtschaftet Alphabet fast die Hälfte der Umsätze in den USA. Immerhin eine Verbesserung seit 2004, als noch 66 % der Umsätze aus den USA stammten. Die zweitwichtigste Region ist Europa. In China ist Google geblockt, aber Indien ist ein wichtiger Wachstumsmarkt.

4. Branche
Durch Other Bets ist Alphabet vermutlich in so ziemlich jeder Branche aktiv, doch >90 % der Umsätze werden in nur zwei Branchen erwirtschaftet: Werbung und Cloud. Dementsprechend werden wir uns nur die beiden anschauen.
4.1. Blauer Himmel für den Cloud-Markt
Den Cloud-Markt haben wir bereits in unserer Cloud-Studie und der Amazon-Analyse ausführlich analysiert. Deshalb beschränken wir uns auf einen kurzen Überblick.
Cloud Computing steht für die Bereitstellung von Computerressourcen auf Abruf. Die Ressourcen sind in Datenzentren gebündelt und werden über das Internet zur Verfügung gestellt. Die Kunden profitieren, weil sie keine teure Hardware kaufen und Rechenzentren instand halten müssen, sondern genau die benötigten Kapazitäten buchen.
Aus diesem Grund konnte der Markt in den letzten 10 Jahren mit über 25 % pro Jahr auf 411 Mrd. US-Dollar im letzten Jahr anwachsen. Auch zukünftig soll der Markt noch mit 16 % pro Jahr wachsen.

Doch es gibt nicht nur den einen Cloud-Markt. Der Cloud-Markt lässt sich in drei Segmente aufteilen:
Infrastructure-as-a-Service (IaaS). Unter IaaS versteht man digitale Infrastruktur. Hierzu gehören hauptsächlich Server- und Speicherkapazitäten. Die Kunden können diese Infrastruktur nach eigenen Wünschen konfigurieren. IaaS ersetzt das klassische Rechenzentrum in einem Unternehmen. Aus diesem Grundstein sind weitere Produktebenen entsprungen.
Platform-as-a-Service (PaaS). PaaS ist eine Erweiterung zu IaaS. Der Cloud-Anbieter stellt dem Kunden nicht nur die Infrastruktur bereit, sondern hilft ihm bei der Verwaltung der Ressourcen zum Beispiel mit Betriebssystem, einer Entwicklerumgebung, Datenbanken und Analysewerkzeugen. In dieser Umgebung kann ein Unternehmen eigene Anwendungen entwickeln.
Software-as-a-Service (SaaS). SaaS ist ein fertiges Anwendungspaket, das über das Internet bereitgestellt wird. Der Kunde kann die Anwendung direkt nutzen und muss nicht die Infrastruktur oder die Entwicklung übernehmen. Diesen Bereich kennen die meisten Endanwender. Microsoft Office 365 oder Salesforce zählen hierzu.

Google konzentriert sich auf den IaaS-Bereich und konnte hier in den vergangenen Jahren stetig Marktanteile gewinnen. 2021 machten sie bereits 7,1 % des Markts aus und sind damit der viertgrößte Anbieter.

Google konnte sein Cloud-Angebot stetig verbessern und wurde 2021 von Gartner zum dritten Branchenführer in ihrem Magic Quadrant ernannt.
Doch nach Gesprächen mit Experten sind wir zu dem Schluss gekommen, dass Microsoft Azure und besonders AWS noch ein besseres Angebot haben als Google. AWS bietet die größte Entwickler-Community, die beste Netzwerk-Latenz und die höchsten Rechenleistungen. Azure kann mit dem hohen Vertrauen bei Großunternehmen punkten. Sie sind führend bei der Hybrid-Cloud (Nutzung von Azure und eigener Infrastruktur) und bieten eine gute Integration mit ihren Office-Paketen.
Die Google Cloud hat in all dem noch das Nachsehen. Langfristiger Hoffnungsträger ist Googles Stärke im KI-Bereich. Außerdem hat der Konzern schon früh auf eigene Hardware für seinen Server gesetzt und könnte dadurch zu Azure in einigen Bereichen aufholen.

Die Google Cloud ist kein Bewertungstreiber
Google muss noch viel in das Cloud-Angebot investieren, um mit Azure und AWS nachzuziehen. Wir trauen der Google Cloud erst 2028 einen positiven Free Cashflow zu. Aus diesem Grund ist die Entwicklung des Cloud-Geschäfts für die Alphabet-Aktie eher zweitrangig. Wer in Alphabet investieren will, muss vom Werbegeschäft überzeugt sein.
4.2. Der Online-Werbemarkt entdeckt die Rezession
Historische Entwicklung der Werbebranche
Werbung ist der wichtigste Markt für Alphabet. Die Branche gehört zu einer der ältesten der Welt. Schon 4.000 v. Chr. wurden die ersten Werbebotschaften übermittelt — in einer Zeit, als es noch nicht einmal Papier gab.
Seitdem ist der Werbemarkt von stetiger Veränderung getrieben. Treiber ist die Entwicklung der Medien. Der Aufstieg von Zeitungen, Radio, Fernsehen und letztlich des Internets veränderten den Markt nachhaltig.
Der Wandel der Werbebranche ist am US-Werbemarkt ersichtlich. Interessant ist die Marktgröße als Prozentanteil des US-Bruttoinlandsprodukts (BIP) im Verlauf der letzten 70 Jahre.

Dabei wird der Niedergang von Zeitungen als Werbemedium deutlich. Einst die primäre Anlaufstelle für Werbung, ist der Marktanteil mittlerweile bedeutungslos geworden. Erst Fernsehwerbung und dann Onlinewerbung leiteten den Niedergang der Zeitung ein.
Interessant ist aber auch, dass die Werbebranche insgesamt seit Beginn der 2000er Jahre an Bedeutung verloren hat. Wir sehen zwei treibende Faktoren:
Werbeumsätze sind eng an die wirtschaftliche Entwicklung gekoppelt. Die Beratungsfirma L.E.K. Consulting hat den Effekt der letzten Rezessionen auf den US-Werbemarkt untersucht. Während der Finanzkrise 2008 brach der Markt um über 15 % ein. Davon erholte sich die Branche erst 10 Jahre später.

Effektivere Werbung reduziert Werbebudgets. Henry Ford sagte einmal “Die Hälfte meiner Werbeausgaben sind verschwendet, das Problem ist, dass ich nicht weiß, welche Hälfte.” Genau dieses Problem konnte Google in den letzten 20 Jahren schrittweise lösen. Durch sogenannte Performance-Ads (gezielte Werbeanzeigen) wird Werbung auf eine Zielgruppe zugeschnitten. Danach wird die Effektivität gemessen. Dadurch wüsste Henry Ford, welche Hälfte verschwendet ist. Bedeutet aber auch, dass er sich diese sparen könnte.
Zukünftiges Marktwachstum
In der letzten Dekade konnte sich der Werbemarkt wieder erholen. Seit 2013 wuchs der Markt mit durchschnittlich 5,9 % pro Jahr, seit 2017 sogar mit 8,8 %. Die Coronakrise 2020 war im Vergleich zur Finanzkrise harmlos. Das lag vor allem an den hohen Stimulus-Paketen. Die Kaufkraft der Konsumenten war anders als 2008 ungebrochen.

Doch Alphabet konnte im gleichen Zeitraum schneller wachsen. Das verdankt der Konzern dem Aufstieg des Onlinewerbesegments. Dieses wuchs mit 22,4 % pro Jahr seit 2017.
Das lag an der Umstellung der Werbebranche. 2013 machte Onlinewerbung nur 23 % des Gesamtmarktes aus. Im letzten Jahr lag der Wert bei 64 %. Unternehmen haben den Wert der Onlinewerbung erkannt und verschieben ihre Werbebudgets dementsprechend.
Laut eMarketer ist der Trend noch nicht zu Ende. 2026 soll Onlinewerbung schon 74 % des Werbemarkts ausmachen. Wir glauben allerdings, dass der Anteil danach nur noch langsam zunehmen wird. Denn Werbung im Sportbereich, in Supermärkten und Geschäften wird nicht komplett verschwinden. Außerdem könnte bis dahin bereits ein neues Werbemedium auftauchen.
“Die aktuelle wirtschaftliche Lage wird regelmäßig in internen Meetings thematisiert — bei unseren Kunden merke ich davon aber wenig, denn gerade jetzt wird unsere Werbung wertvoller.”
Sales-Mitarbeiter
Google Dublin
Für uns Grund zur Annahme, dass Google‘s Kernmarkt ab 2026 nur noch ähnlich schnell wie der allgemeine Werbemarkt wachsen wird. Orientiert man sich an der langfristigen Historie, liegt das Wachstum unter dem BIP-Wachstum. Alphabet Aktionäre müssen sich also künftig auf niedrige Wachstumsraten im Kerngeschäft einstellen.

Kurzfristige Aussichten und Rezessionsgefahr
Die aktuelle makroökonomische Lage wirkt gefährlicher als 2020. Diesmal sind die Kaufkraft und die Kauflaune der Konsumenten schwerer betroffen. Unprofitable Start-ups müssen Werbebudgets kürzen, um die Verluste zu reduzieren. Auch sonst sparen Unternehmen meistens zuerst bei der Werbung.
Wir haben mit einem Google-Mitarbeiter über die aktuelle Lage gesprochen. Die Rezessionsgefahr wird regelmäßig bei Meetings thematisiert, doch bei Gesprächen mit Kunden sei davon noch wenig zu spüren. Denn Google hat einen Vorteil: Die Werbung ist wesentlich effektiver und messbarer als auf anderen Plattformen. Bei Google kürzen die Werbekunden vermutlich zuletzt.
Dennoch ist das Risiko hoch. Wir gehen im Werbegeschäft dieses Jahr von einer einstelligen Wachstumsrate aus. Auch die Profitabilität wird im Vorjahresvergleich sinken. Als Investor sollte man sich des hohen Risikos im Werbegeschäft bewusst sein. Ein Einsturz wie 2008 ist im Markt noch nicht eingepreist.
Entwicklung der Marktanteile für Onlinewerbung und der Einfluss von Cookies
In den letzten 10 Jahren gewannen die großen Plattformen weiter an Marktanteilen, während kleinere Anbieter verdrängt wurden.
Alphabet ist dabei die Ausnahme. Während der Konzern 2016 noch 32 % besaß, liegt der Anteil mittlerweile bei 29 %. Meta konnte seine Anteile im gleichen Zeitraum mehr als verdoppeln und liegt nun 4,5 %-Punkte hinter Alphabet. Amazon konnte aufholen und ist von weniger als 1 % der Marktanteile auf 7 % aufgestiegen.

“[Das iOS 14 Update] ist wie eine Atombombe [für uns]”
Adam Jaffe
CEO Tenko Games
Druck auf Alphabet wächst an allen Fronten
Die verlorenen Marktanteile lassen sich durch zwei Trends erklären.
Apps gewinnen an Bedeutung. Die verlorenen Marktanteile von Alphabet hängen mit dem Aufstieg des Smartphones und der Apps zusammen. Mittlerweile starten viele Kunden ihre Shoppingtour direkt auf Amazon. Früher sind Facebook Nutzer über Google auf ihr Profil gekommen. Mittlerweile greifen fast alle Nutzer über die App auf das Netzwerk zu.
Ähnlich sieht es bei fast allen anderen Unternehmen aus. Von Ryanair bis Zalando versucht jedes Unternehmen seine Kunden direkt auf die App zu ziehen, häufig sogar mit Rabatten. Dadurch spart sich das Unternehmen die Gebühr an Google und der Kunde sucht nicht so häufig nach günstigeren Konkurrenzprodukten.
Regulierer unterbinden Alphabets Macht. Theoretisch hätte Google jedoch fast jedes Unternehmen entmachten können. Schon 2002 startete der Konzern Google Shopping. Auf der Seite zeigte Google dem Nutzer automatisch das günstigste Produkt. Theoretisch also immer die beste Anlaufstelle für Nutzer.
Doch schon früh erkannten Regulierer, dass Google Shopping zu mächtig ist. Der Konzern hat Seiten wie Amazon oder eBay deutlich unter Google Shopping angezeigt. Das ließen die Regulierer nicht zu. 2017 verhängte die Europäische Union eine Strafe von 2,7 Mrd. Euro für Marktmissbrauch gegen Google. Der Konzern hat seine Marktmacht missbraucht und Google Shopping vor anderen Webseiten bevorzugt.
Das gleiche Spiel widerfährt Google bei Google Travel und anderen Portalen. Theoretisch könnte der Konzern Booking.com aus dem Markt drängen. Doch das würden Regulierer nicht zulassen. Aus diesem Grund kann Google Travel sein Potenzial nicht voll ausspielen. Dadurch bietet Booking weiterhin das bessere Angebot und versucht, Kunden auf die App zu ziehen. Damit schwächen sie die Macht von Google weiter.
“Google weiß offenbar selbst noch nicht, was die Alternative zu Cookies ist.”
Philippa Snare
Senior Vice President und Europachefin bei The Trade Desk
Privatsphäre-Einschränkungen mischen den Markt auf
Mit dem iOS 14 Update blockierte Apple Apps den Zugriff auf sogenannte Third-Party-Daten (3P), oft bezeichnet als Cookies. 3P-Daten sind Informationen über Nutzer, die Firmen von Drittparteien, beispielsweise anderen Webseiten, erwerben können. Mithilfe von Informationen zu Alter, Standort und Vorlieben werden Werbeprofile erstellt. Mithilfe dieser Profile können Webseiten oder Plattformen gezielte Werbung schalten.
Das Ende der Cookies war für viele kleinere Apps ein schwerer Schlag. Denn im Gegensatz zu Facebook hat ein Spielehersteller nur wenig Daten über seine Nutzer und ist für effektive Werbung auf 3P-Daten angewiesen.
Allerdings werden First-Party-Daten (1P) wertvoller. 1P-Daten sind Informationen über Nutzer, welche Unternehmen auf ihren eigenen Plattformen und Webseiten sammeln können. Unternehmen wie Google oder Meta können selbst so viele Daten über ihre Nutzer sammeln, dass sie nicht auf 3P-Daten angewiesen sind. Dadurch verschiebt sich Budget von kleineren Plattformen zu den großen Plattformen.
Das Ende der Cookies
Auch Google wollte Cookies ab 2023 verbieten. Anders als Apple wäre Google aber selbst von dem Auslaufen der Cookies negativ betroffen. Der Konzern braucht also eine Alternative.
Die erste Alternative, das sogenannte “Federated Learning of Cohorts”, wurde nach zwei Jahren Entwicklung eingestampft. Vor wenigen Wochen verschob Google das Ende der Cookies um ein weiteres Jahr nach hinten.
Laut Philippa Snare wird es für Cookies keinen dominanten Ersatz geben, sondern viele verschiedene Lösungen. The Trade Desk hat seine eigene Lösung bereits vorgestellt, die sogenannte Unified ID 2.0. Mithilfe der E-Mail-Adresse der Nutzer sollen ihre Daten weiterhin verfolgt werden. Allerdings sollen Nutzer mehr Kontrolle über ihre Daten erhalten. Sie können ihre Präferenzen selbst kontrollieren. Außerdem kommt das Konzept nicht exklusiv von The Trade Desk, sondern von einer Vielzahl verschiedener Anbieter.
Fazit für Alphabet
Alphabet wird weiterhin von dem wachsenden digitalen Werbemarkt profitieren. Der Aufstieg der Apps ist für den Konzern eine Gefahr, doch durch den Ausbau der Funktionalitäten bleibt Google relevant und für viele die Anlaufstelle Nummer 1.
Das Ende von Cookies ist für Alphabet ein zweischneidiges Schwert. Einerseits werden die First-Party-Daten von Alphabet wertvoller. Andererseits sehen wir das Google Network gefährdet. Das Ende der Cookies könnte Anbietern wie The Trade Desk in die Hände spielen, die eigene und von Google unabhängige Alternativen bieten können.
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5. Kennzahlen
5.1. Equistor-Rating
Alphabet erreicht im Equistor Rating 9 von 9 Punkten. Das Unternehmen erfüllt alle unsere Kriterien eines Qualitätsunternehmens. Alphabet bietet eine einzigartige Kombination aus hohen historischen Wachstumsraten bei gleichzeitig hoher Rentabilität und Gewinnstabilität. Für Investoren, die auf Qualität setzen, ist Alphabet ein tolles Unternehmen.

5.2. Umsatzentwicklung
Dank des Aufschwungs der digitalen Werbebranche konnte Alphabet den Umsatz in den letzten 10 Jahren mit durchschnittlich 21,1 % pro Jahr steigern. Im Werbegeschäft neigt sich die Zeit der zweistelligen Wachstumsraten aber langsam dem Ende zu. Doch das Cloud-Geschäft wird Wachstumstreiber bleiben. Aus diesem Grund sollte Alphabet auch bis 2024 noch mit 12,8 % wachsen.

5.3. EBIT und Free Cash Flow
Noch beeindruckender ist die Profitabilität von Alphabet. Trotz hoher und teils spekulativer Investitionen, Milliardenstrafen und wachsendem Konkurrenzdruck konnte der Konzern seine operative Marge kontinuierlich über 25 % halten. Nur 2019 und 2020 ging die Marge leicht darunter, kletterte aber dafür letztes Jahr auf über 30 % hoch.
Die wirtschaftliche Spannung könnte allerdings zum ersten EBIT-Rückgang führen. Auch im Werbegeschäft wird der Druck vermutlich zunehmen. Allerdings könnte das Cloud-Geschäft 2024 die ersten operativen Gewinne erwirtschaften und in den folgenden Jahren das EBIT-Wachstum wieder ankurbeln.

Die hohen Investitionen werden in der Entwicklung des Free Cash Flows deutlicher. Besonders 2018 gab es einen deutlichen Rückgang aufgrund von hohen Investitionen in das Cloud-Geschäft. Trotzdem ist der Free Cash Flow in den letzten 10 Jahren mit 19,3 % pro Jahr gewachsen.

Die gleiche Entwicklung lässt sich auch bei der Bruttomarge erkennen. Das Cloudgeschäft ist kapitalintensiver als das Werbegeschäft und wirkt insgesamt etwas dämpfend auf die Bruttomarge, besonders in den letzten Jahren. Trotzdem konnte Alphabet die Bruttomarge bis auf 2020 konstant über 55 % halten. Das ist ein sehr attraktives Niveau. Für die kommenden Jahre wird ein kleinerer Rückgang erwartet,
Eventuell sinkende Margen im Werbegeschäft sollten durch steigende Margen im Cloud-Geschäft kompensiert werden.

5.4. Ausschüttungen
Alphabet zahlt noch keine Dividende, hat aber die letzten Jahre angefangen, eigene Aktien zurückzukaufen. 2021 sogar für 50,3 Mrd. US-Dollar. Das wirkt jahrelanger Verwässerung durch die Herausgabe von Mitarbeiteraktien entgegen. Zukünftig wird die Anzahl der Aktien vermutlich weiter zurückgehen. Alphabet hat in 2022 ein 70 Milliarden US-Dollar Rückkaufprogramm beschlossen.

5.5. Bilanzanalyse
Die Bilanz von Alphabet hat aus guten Gründen die volle Punktzahl in unserem Rating erreicht. Der Konzern sitzt auf einem Cash-Puffer von 125 Mrd. US-Dollar. Die Verbindlichkeiten von 38 Mrd. US-Dollar könnte Alphabet also problemlos tilgen.
Das würdigen auch die Ratingagenturen wie Moody‘s. Mit einem Aa2 Rating gehören die Anleihen von Alphabet zu den sichersten der Welt. Interessant ist dennoch der Vergleich zu Microsoft. Eigentlich besitzt Alphabet ähnlich hohe Cash Reserven und Gewinne, Microsoft besitzt allerdings ein Aaa Rating.
Der Unterschied liegt für die Ratingagentur am regulatorischen Risiko, das bei Alphabet wesentlich höher ist als bei Microsoft. Bei einem Aa2 Rating ist das allerdings nur Meckern auf hohem Niveau. Das Ausfallrisiko von Alphabet liegt bei deutlich unter 1 %.

6. Chancen und Risiken
Die Chancen und Risiken eines Unternehmens analysieren wir mit Hilfe eines aufgeteilten SWOT-Modells. Dabei betrachten wir zuerst die Stärken und Schwächen. Anschließend die daraus entstehenden Chancen und Risiken.

6.1. Alphabets Stärken
#1 Werbeplattform. Dank der großen Reichweite erreicht Alphabet fast jede Nutzergruppe und kann somit jeden Werbetreiber mit ihrer Kundschaft verbinden.
Plattform-Ökosystem. Durch viele verschiedene Plattformen und Produkte kann Alphabet wertvolle Daten über ihre Nutzer sammeln. Dadurch können sie effektivere Werbung anzeigen.
Innovative Kultur. Alphabet gilt regelmäßig als eines der innovativsten Unternehmen. Mitarbeiter dürfen 20 % ihrer Zeit für eigene Projekte aufwenden, die den Konzern voranbringen könnten.
Aktiv in Wachstumsmärkten. Digitale Werbung wird weiterhin schneller wachsen als der Gesamtwerbemarkt. Das Cloud-Geschäft bietet noch mehr Wachstumspotenzial.
Hervorragende Bilanz. Dank 125 Mrd. US-Dollar an Barmitteln ist Alphabet auf Wirtschaftskrisen vorbereitet und kann sich weiterhin günstig finanzieren. Anleger müssen sich wenig vor einem Totalverlust ihres Kapitals sorgen.
6.2. Alphabets Schwächen
Abhängigkeit vom Werbegeschäft. Alphabet erzielt 81 % der Umsätze durch Werbung. Dementsprechend ist die finanzielle Entwicklung stark abhängig von der Entwicklung des Werbemarkts.
Zukünftig zyklisches Geschäft. Die Werbebranche korreliert stark mit der wirtschaftlichen Entwicklung. In wirtschaftlichen Krisen bricht der Markt stärker ein als die Gesamtwirtschaft. Sobald der digitale Werbemarkt nicht mehr überdurchschnittlich schnell wächst, wird der Markt mit der Gesamtwirtschaft schwanken. Auch im Cloud-Geschäft ist zukünftig mit einer zyklischen Natur zu rechnen.
Rückgang der Marktanteile. In den letzten Jahren hat Alphabet stetig an Marktanteilen in der digitalen Werbebranche verloren. Aufsteigende Konkurrenten wie Onlinehändler sind schneller gewachsen und werden für Alphabet zu einer ernsten Bedrohung.
Einschränkung durch Wettbewerbshüter. Die Google Suchmaschine und Android sind zu mächtig geworden. Theoretisch könnte sich Google damit für eigene Produkte unfaire Wettbewerbsvorteile schaffen. Das lassen Regulierer allerdings nicht mehr zu. Bisherige Marktmanipulationen durch Google haben Regulierer schon mit hohen Strafen belegt.
Viele Misserfolge. Die Innovationskultur hat zwar zu vielen neuen disruptiven Ideen und Projekten geführt, aber die meisten davon endeten in Misserfolgen.
6.3. Alphabets Chancen
Google Cloud holt früher auf als gedacht. Durch Alphabets führende Rolle in der Erforschung der Künstlichen Intelligenz und den hohen Investitionen in die Entwicklung von eigener Hardware für ihre Google Cloud könnte Alphabet früher als erwartet zu den Konkurrenten Azure und AWS aufschließen.
YouTube Premium setzt sich im Streaming-Markt durch. Im Musikstreaming-Markt gewinnt YouTubes Premium-Abo Marktanteile und schließt zu Apple Music auf. Auch im Videostreaming hat die Plattform Potenzial. Die regelmäßigen Abonnementgebühren würden die Abhängigkeit vom Werbegeschäft reduzieren. Besonders während Rezessionen wären die Umsätze robuster.
First-Party (1P) Daten werden wertvoller. Das Ende von Cookies macht es für Webseiten und Apps schwieriger, gezielte Werbung anzubieten. Alphabet kann durch seine verschiedenen Plattformen Nutzer immer noch gut analysieren und kategorisieren. Dadurch setzt sich der Konzern noch stärker von kleineren Konkurrenten ab.
Das Google Pixel wird erfolgreich. Mit dem Pixel 6 hat Alphabet das erste Smartphone herausgebracht, das sich halbwegs verkauft. Der Konzern besitzt die finanziellen Mittel, um sich am Markt zu etablieren. Jeder neue Pixel-Nutzer bedeutet, dass andere Smartphone-Konzerne weniger Macht haben. Der Burggraben wird tiefer und die Profitabilität im Werbegeschäft nimmt zu.
6.4. Alphabets Risiken

TAC wachsen schneller als Werbeumsätze. Besonders die Gebühren an Smartphone-Hersteller können gefährlich werden. Sollten die Werbeumsätze aufgrund von steigenden Privatsphäre-Einstellungen oder steigender Konkurrenz schrumpfen, ist es fraglich, ob Alphabet die Gebühren problemlos reduzieren kann. Während des Covid-19 Einbruchs schaffte Alphabet das noch, doch die Vergangenheit ist kein Garant für die Zukunft. Aktionäre sollten die Entwicklung der TAC regelmäßig beobachten.
Die nächste Rezession trifft den digitalen Werbemarkt. Selbst die Covid-19 Krise war für Alphabet harmlos. Das lag an dem Eingriff der Staaten und Notenbanken. Bei der nächsten Rezession könnten die Hände der Notenbanken gebunden sein und die Kaufkraft der Konsumenten würde deutlich einbrechen. Das würde zu einem starken Rückgang der Werbebranche führen, welcher mittlerweile auch zu einem Rückgang des digitalen Werbegeschäfts führen würde.
Stärkere regulatorische Eingriffe. Behörden könnten die Marktmacht von Alphabet weiter einschränken. Verstärkte Initiativen zum Schutz der Privatsphäre könnten die Effektivität der Werbung reduzieren und damit die Umsätze von Alphabet. Bisher konnte Google allerdings viele Strafen erfolgreich verhindern. Außerdem verliert der Konzern Marktanteile im Werbemarkt, was das Risiko hoher Strafen mindert.
Investitionen in Other Bets zahlen sich nicht aus. Alphabet investiert viel in Wetten, um die großen Probleme der Menschheit zu lösen. Manche davon werden vermutlich aufgehen, viele allerdings nicht. Es besteht die Gefahr, dass Alphabet insgesamt nur Geld verschwendet.
Google Cloud setzt sich nicht durch. Aktuell nimmt Alphabet hohe Verluste in Kauf, um den Abstand zur Konkurrenz zu verringern. Sollte das nicht gelingen, würde der Konzern einen seiner wichtigsten Wachstumstreiber verlieren und hätte viel Geld verschwendet.
Verlust weiterer Marktanteile an Apps. Immer mehr Menschen starten ihr Onlineshopping direkt auf Amazon, Etsy oder Zalando. Dieser Trend könnte sich weiter fortsetzen und Alphabet Marktanteile kosten.
Kein geeigneter Cookie Ersatz. Falls Alphabet keine effektive Alternative zu Cookies findet, könnten Konkurrenten wie The Trade Desk weitere Marktanteile gewinnen. Das Google Network wäre davon erheblich betroffen und würde deutlich langsamer wachsen oder sogar schrumpfen.

7. Bewertung
7.1. Historische Multiple-Bewertung
Die historische Entwicklung der Bewertungskennzahlen bei Alphabet ist interessant, bietet uns aber wenig Grund für eine Bewertung. Denn der Konzern hat sich in den letzten 10 Jahren verändert. Die Wachstumsraten sind zurückgegangen und die Profitabilität ebenfalls. Dementsprechend sollten sich die aktuellen Bewertungslevel von den historischen unterscheiden.
Alphabets Enterprise Value (EV) zu Sales–Verhältnis (ähnelt dem Kurs–Umsatz-Verhältnis) liegt aktuell bei 4,0 und damit unter dem historischen Durchschnitt von 4,9. Da die Profitabilität etwas niedriger geworden ist, wirkt das fair. Ein US-Dollar Umsatz bedeutet mittlerweile weniger Gewinn als noch vor 10 Jahren.

Das EV zu EBIT-Verhältnis von 15,0 ist ebenfalls unter dem historischen Durchschnitt. Vor 10 Jahren hatte Alphabet noch bessere Wachstumsraten und -perspektiven. Das Multiple 25 % unter dem historischen Durchschnitt ist trotzdem historisch günstig.

Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) liegt bei 18,7 und damit auch unter dem historischen Durchschnitt. Ähnlich wie beim EV/EBIT-Verhältnis wirkt Alphabet aus dieser Perspektive günstig bewertet.

7.2. Discounted-Cash-Flow-Bewertung
Für die Bewertung von Alphabet verwenden wir das DCF-Modell. Dabei berechnen wir den Firmenwert auf Basis der zukünftigen Free Cash Flows, die Alphabet erwirtschaftet. Hierbei sind die Annahmen über die Zukunft entscheidend:
Umsatzwachstum
Das Umsatzwachstum basiert auf einer Segment-Prognose.
Für das Cloud-Segment bauen wir auf unsere Annahmen aus unserer ausführlichen Cloud-Studie und rechnen mit 22,7 % Umsatzwachstum pro Jahr.
Für das Google Services Segment orientieren wir uns am Wachstum des digitalen Werbemarkts. Diesem trauen wir 7,6 % Wachstum pro Jahr bis 2030 zu. Wir glauben, Alphabet wird weiter Marktanteile verlieren und langsamer wachsen. Gleichzeitig vertrauen wir aber auf die innovative Kultur des Unternehmens. Android, Pixel und YouTube-Premium werden schneller als 7,6 % pro Jahr wachsen. Insgesamt trauen wir der Sparte 7,2 % Wachstum pro Jahr zu.
Das Other Bets Segment ist das spekulativste. Hier vertrauen wir auf den Analysten Konsens, der normalerweise nahe den Schätzungen des Managements liegt. Der Umsatz wird durchschnittlich um 10 % pro Jahr steigen.
Somit beträgt das durchschnittliche Umsatzwachstum von 2021 bis 2030 9,2 %.
EBIT-Marge
Auch die EBIT-Marge schätzen wir nach Segmenten.
Im Services Segment gehen wir davon aus, dass Alphabet die operative Marge bis 2027 noch minimal verbessern kann. Treiber sind neue Monetarisierungsmöglichkeiten wie YouTube Premium sowie weiterhin schneller wachsende Umsätze als Kosten im Werbegeschäft. Ab 2027 müssen wir jedoch mit einem leichten Rückgang der Marge rechnen. Gründe sind das schwächelnde Wachstum im Kerngeschäft und zunehmende Zyklik. Außerdem können Technologieunternehmen ihren Burggraben nie ewig halten. Ab 2027 brauchen wir einen Risikoabschlag auf die Marge. Somit kommen wir auf eine durchschnittliche Marge von 35,7 % bis 2030.
Für das Cloud-Segment greifen wir auch wieder auf unseren Cloud-Report zurück. Ab 2024 rechnen wir mit dem ersten positiven operativen Ergebnis und 2030 mit einer EBIT-Marge von 20 %.
Im Other Bets Segment gehen wir von einem Rückgang der operativen Verluste von 11 % pro Jahr aus.
Außerhalb der Segmente berichtet Alphabet noch Verwaltungskosten, die keinem Segment zuordenbar sind. Diese sollten langsamer als die Umsätze wachsen. Wir rechnen mit 7 % pro Jahr.
Somit beträgt die durchschnittliche EBIT-Marge von 2021 bis 2030 29,1 %.
Abschreibungen
Die Abschreibungen schätzen wir als Umsatzanteil und orientieren uns nahe der historischen Rate von 6,7 %. Aufgrund des steigenden Umsatzanteils rechnen wir zukünftig noch mit einer leicht höheren Rate von 6,9 %.
Investitionsausgaben
Die Investitionen schätzen wir als Umsatzanteil. In den letzten fünf Jahren waren die Investitionsausgaben extrem hoch. Das lag an den Investitionen in das Cloud-Geschäft. Die nächsten Jahre will Alphabet die Investitionsintensität wieder etwas reduzieren. Dementsprechend schätzen wir, dass Alphabet bis 2030 pro Jahr noch 10 % der Umsätze investieren wird. Historisch lag die Rate noch bei 14 %.
Gewichtete durchschnittliche Kapitalkosten (WACC)
Die Kapitalkosten setzen sich aus Alphabets Eigen- und Fremdkapitalkosten zusammen. Wir haben die langfristige S&P500-Rendite von 8,0 % pro Jahr für die Eigenkapitalkosten unterstellt. Alphabets durchschnittliche Kapitalkosten kommen auf 8,2 % pro Jahr.

Ergebnis
Alphabets fairer Kurs liegt in unserem DCF-Modell bei 142,26 US-Dollar. Damit ist die Alphabet-Aktie mit aktuell 100 US-Dollar unterbewertet. Wir halten eine 10-jährige Renditeerwartung über der Marktrendite für realistisch. Die rechnerische Renditeerwartung liegt bei 12,3 % pro Jahr.

Kurs | Renditeerwartung |
---|---|
40 US-Dollar | 23,0 % |
50 US-Dollar | 20,3 % |
60 US-Dollar | 18,1 % |
70 US-Dollar | 16,3 % |
80 US-Dollar | 14,8 % |
90 US-Dollar | 13,5 % |
97,5 US-Dollar | 12,6 % |
100 US-Dollar | 12,3 % |
110 US-Dollar | 11,2 % |
120 US-Dollar | 10,2 % |
130 US-Dollar | 9,4 % |
140 US-Dollar | 8,5 % |
150 US-Dollar | 7,8 % |
160 US-Dollar | 7,1 % |
170 US-Dollar | 6,5 % |
180 US-Dollar | 5,9 % |
190 US-Dollar | 5,3 % |
200 US-Dollar | 4,7 % |
8. Fazit: Alphabet ist kaufenswert
Alphabet besitzt mit Google wohl die weltweit bekannteste Marke. Die Suchmaschine macht Alphabet zum absoluten Qualitätsunternehmen und erreicht die volle Punktzahl im Equistor-Rating.
Allerdings profitierte Alphabet in der letzten Dekade vom hohen Wachstum des digitalen Werbemarkts. Darauf kann sich das Unternehmen in den nächsten 10 Jahren nicht mehr verlassen. Neue Werbeplattformen wie Amazon oder Etsy werden weiter Marktanteile gewinnen. Wer in Alphabet investiert, muss also darauf vertrauen, dass das Unternehmen auch in neuen Märkten Fuß fassen kann.
Beim Cloudgeschäft sind wir zuversichtlich. Google Cloud hat viel Aufholjagd vor sich, aber das Angebot kann jetzt schon in einigen Bereichen mit AWS und Azure konkurrieren. Ab 2024 rechnen wir erstmals mit einem operativen Gewinn und ab 2028 mit einem positiven Free Cashflow. Alphabet wird damit noch nicht zum Cloud-Investment, aber es rechtfertigt eine etwas höhere Bewertung.
Skeptischer sind wir bei den Other Bets. Summiert man Umsätze und Verluste, sieht das Bild düster aus. Für uns steckt in der Sparte noch zu viel Fantasie, um konkrete Gewinne im DCF-Modell einzuplanen. Dennoch sind viele Start-ups der Sparte nicht wertlos. Waymo ist schätzungsweise 30 Mrd. US-Dollar wert. Auch einigen anderen Tochtergesellschaften trauen wir einen Wert von über 1 Mrd. US-Dollar zu. Insgesamt sind sie für eine Investmententscheidung aber zu vernachlässigen.
In unseren Augen ist Alphabet keine Wachstumsstory mehr. Das Cloud-Geschäft und Other Bets sind noch zu viel Fantasie. Das Werbegeschäft bleibt Kern einer Investmentscheidung. Hier rechnen wir weiterhin mit operativen Gewinnmargen von über 30 % und 9 % Umsatzwachstum pro Jahr bis 2030. Das macht Alphabet zu einer kaufenswerten Aktie mit 12,6 % Renditeerwartung pro Jahr.
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Benjamin Franzil
Co-Gründer und Geschäftsführer von Equistor
Bei Equistor bin ich als Geschäftsführer für die Erstellung und Qualität unserer Aktienanalysen verantwortlich. Als Team steigen wir tief in die Geschäftsmodelle von Unternehmen ein, um die wesentlichen Werttreiber herauszufinden. Im Rahmen meiner eigenen Investmentstrategie setze ich auf solides Wachstum, Krisenstabilität, Markenstärke und eine attraktive Dividendenpolitik. Besonders spannend finde ich Unternehmen aus dem Luxusbereich und der Restaurantbranche.

Laurenz Köhler
Analyst
Bei Equistor bin ich als Aktienanalyst für die Recherche und Erstellung unserer Aktienanalysen verantwortlich. Ich beschäftige mich vor allem mit Bewertungsmodellen, insbesondere DCF-Modellen durch meine Erfahrung aus dem Investment Banking und der Wirtschaftsprüfung. Erfahrung habe ich mit der Analyse von Unternehmen aus dem Automobil- und Medienbereich.
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9. Quellen
Alphabet Geschäftsbericht | zum Dokument |
Alphabet Proxy-Bericht (Vergütung) | zum Dokument |
Informationen zu Ruth Porat | zum Artikel |
Informationen zu Philipp Schindler | zum Artikel |
Informationen zu Ruth Porat | zum Artikel |
Gartner Magic Quadrant | zum Artikel |
Cloud Marktanteile | 2020-21 2019-20 2018 2017 |
Informationen zu Google Nest | zum Artikel |
Google.com Geschäftsmodell | zum Artikel |
Android Umsatz & Gewinn | zum Artikel |
Historie des Werbemarkt | zum Artikel |
Waymo Finanzierungsrunden | zum Artikel |
Waymos 30 Mrd. US-Dollar Bewertung 2020 | zum Artikel |
Waymos Kapitalerhöhungen 2020 & 2021 | zum Artikel |
Robotaxi-Daten | zum Artikel |
Morgan Stanley Waymo-Bewertung | zum Artikel |
Waymo-Investitionen 2009 bis 2016 | zum Artikle |
Informationen zu Verily | zum Artikel zum Artikel |
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Capital G Assets | zum Artikel |
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