
1. Geschichte
Gründung
Jeff Bezos arbeitet bei dem Hedgefonds D. E. Shaw & Co. und möchte in das Internet investieren. Er gründet einen Online-Buchhandel und erhält von seinen Eltern 250.000 US-Dollar Startkapital. 1995 geht die Webseite amazon.com online.
Börsengang
Amazon wächst stark und ist kapitalhungrig. 1997 geht Amazon an die Börse Nasdaq zu einem Kurs von 18 US-Dollar (heutiger Kurs bereinigt 0,075 US-Dollar). In 1998 übernimmt Amazon das deutsche Unternehmen Telebook und startet die Internationalisierung.
Innovation und Diversifikation
Amazon bietet unter Amazon Prime einen Premiumversand für Bestellungen an. 2006 beginnt Amazon Web Services (AWS), digitale Infrastruktur erstmals an andere Unternehmen zu vermieten. 2007 bringt Amazon den E-Book-Reader Kindle auf den Markt.
Smarte Geräte
Amazon bringt den Amazon Echo auf den Markt und wird zum Marktführer für Smart-Home-Geräte. Im selben Jahr kauft Amazon die Streaming-Plattform Twitch für 970 Mio. US-Dollar auf.
Aufbau eines Ökosystems
Amazon führt seine größte Übernahme durch und kauft die Supermarktkette Whole Foods für 13,4 Mrd. US-Dollar auf. 2018 folgt die Eröffnung des ersten Amazon-Go-Supermarkts. 2019 kauft Amazon die Online-Apotheke PillPack. 2021 übernimmt Amazon das Filmstudio Metro-Goldwyn-Mayer für 8,5 Mrd. USD. Es ist die letzte Übernahme für Jeff Bezos. Er hört in 2021 als CEO auf.
Imperium in vielen Märkten
Amazons Übernahmetour geht in 2022 weiter. Amazon kauft das Smart-Home-Unternehmen iRobot und das Telemedizinunternehmen One Medical. Amazon ist heute Marktführer in den Bereichen E-Commerce und Cloud-Infrastruktur. Außerdem ist Amazon führend im Bereich Digitale Medien. Amazons Mission ist dabei „das kundenfokussierteste Unternehmen der Welt zu sein“. Das bedeutet, dass sie in allen Bereichen versuchen, ihren Kunden den besten Service zu bieten.
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2. Management und Aktionärsstruktur

Andrew Jassy (54) ist seit 2021 der CEO von Amazon. 1997 wurde er Teil von Amazon als Marketing Manager in der Gründungsphase. 2002 kamen er und Jeff Bezos auf die Idee, AWS zu entwickeln. Er leitete die Sparte bis 2021.
Bevor er zu Amazon kam, absolvierte Andy Jassy einen Bachelor an der Harvard University und arbeitete anschließend 5 Jahre als Projektmanager. Danach studierte er an der Harvard Business School und schloss 1997 mit einem Master of Business Administration (MBA) ab.
Andy Jassy kennt damit hauptsächlich die Amazon-Perspektive und da besonders AWS. Seine Ernennung zum CEO zeigt, dass Amazon seine Zukunft in AWS sieht und hier ausbauen möchte.
Sein Führungsstil wird als herausfordernd beschrieben. Er findet es wichtig, dass die Mitarbeiter respektvoll miteinander streiten und ein Meeting dynamisch ist. Ihm ist es wichtig, dass die Mitarbeiter ihre Standpunkte vertreten und am Ende die Datenlage entscheidet.

James Hamilton
Senior Vice President bei Amazon
In unseren Augen sind diese Eigenschaften eine gute Voraussetzung. AWS ist die wertvollste Amazon-Sparte und Andy Jassy eignet sich am besten, um die Amazon-Strategie zu lenken. Er kennt das Unternehmen seit 25 Jahren und sein Führungsstil hat eine gute Erfolgshistorie. Er eignet sich damit sehr gut, um das Unternehmen weiterzuführen.
Vergütung
Andy Jassy hat ein leistungsbezogenes Vergütungssystem. Er erhält ein Fixgehalt von 175.000 US-Dollar und in 2021 weitere 593.000 US-Dollar für seinen Lebensunterhalt und seine Sicherheit. Der größte Teil seiner Vergütung besteht jedoch aus Aktien. Er hat in 2021 insgesamt 212 Mio. US-Dollar in Aktien bekommen. In 2020 erhielt er 36 Mio. US-Dollar in Aktien.
Im ersten Moment wirken 212 Mio. US-Dollar übertrieben. Allerdings sind das praktisch 90 % der planmäßigen Vergütung, die Andy Jassy bis 2031 erhält. Er erhält über die nächsten 10 Jahre jedes Jahr (splitbereinigt) ungefähr 200.000 Amazon Aktien:

Der Wert der Aktien pro Jahr liegt aktuell bei 27 Mio. US-Dollar. Wenn er es schafft, den Wert von Amazon langfristig zu erhöhen, dann steigt der Wert seiner Aktien. Die Vergütung passt damit zu den Interessen der Aktionäre. Die Vergütung anderer Top-Manager ist nach demselben Modell aufgebaut, wird aber über 5 Jahre ausgezahlt. Deshalb gibt es viele Investoren, welche die Höhe der Vergütung kritisch sehen. Wir sehen persönlich die Vergütung von Andy Jassy noch als angemessen, weil sie den Amazon Aktienkurs kaum verwässert.
Aktionärsstruktur

Amazons Aktionärsstruktur ist für Aktionäre sehr attraktiv. Denn Amazons größter Aktionär ist der Gründer Jeff Bezos. Er hält 9,8 % der Aktien und ist Aufsichtsratsvorsitzender. Damit sichert er die zukünftige Ausrichtung des Konzerns. Gleichzeitig ist Amazon nicht in seiner Hand und bei wichtigen Entscheidungen haben auch andere Aktionäre ein Mitspracherecht — anders als bei Meta oder Alphabet.
Die nächstgrößeren Aktionäre sind Vermögensverwalter wie Vanguard, BlackRock und State Street. Sie investieren für ihre Investoren in Amazon. Der CEO Andy Jassy hat nur 0,02 % der Amazon Aktien. Das entspricht 280 Mio. US-Dollar. Damit liegt der Großteil seines Vermögens in Amazon und er hat damit ein hohes Interesse am Erfolg von Amazon.
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3. Geschäftsmodell
3.1. Grundlagen zum Geschäftsmodell
Amazon ist ein globaler Onlinehändler und Technologieführer im Cloud-Bereich. Das Geschäft ist in drei Segmente aufgeteilt:
- Nordamerika
- International
- AWS
Allerdings ist Amazon mehr als nur AWS und Onlinehandel. Der Konzern hat ein starkes Entertainment-Geschäftsmodell (Video- und Musikstreaming, Bücher sowie Hörbücher) und Supermärkte (Whole Foods und Amazon Fresh).

Das Geschäftsmodell lässt sich deshalb in mehr Segmente aufteilen: Onlinehandel, AWS, die Prime-Mitgliedschaft, Werbung und physische Läden. Amazon erwirtschaftet 67 % des Umsatzes in den USA. Der restliche Umsatz ist konzentriert auf wenige andere Industrienationen. Auf den ersten Blick zeigt das Wachstumspotenzial auf.
Amazons Einzigartigkeit braucht eine einzigartige Bewertung
Amazons Bereiche bilden ein Ökosystem, in das Kunden gezogen werden. Die Kunden schließen eine Prime-Mitgliedschaft ab, um exklusive Serien zu schauen. Gleichzeitig erhalten sie den Prime-Gratis-versand und bestellen mehr bei Amazon und kaufen häufiger Amazon-Produkte wie den Amazon Echo oder den Kindle-E-Book-Reader von Amazon.
Durch das stetige Eindringen in neue Bereiche ist es schwierig geworden, Amazon zu bewerten. Die verschiedenen Geschäftsbereiche wachsen unterschiedlich schnell und haben verschiedene Margen. Werden alle Bereiche in einem Bewertungsmodell vermischt, ist es schwer, die zukünftige Entwicklung zu prognostizieren.
Aus diesem Grund unterteilen wir Amazon in dieser Analyse in diese Bereiche:
- AWS (Cloud-Sparte)
- Amazons Kerngeschäft
- Handel mit eigenen Produkten und der Prime-Mitgliedschaft (1P)
- Onlinehandel mit Dritthändlern (3P)
- Werbegeschäft
In den folgenden Kapiteln analysieren wir diese Bereiche sowie die jeweiligen Branchen separat und bewerten sie mit passenden Bewertungsmethoden. Amazons Gesamtwert berechnen wir, indem wir die Summe seiner Teile zusammenführen (die sogenannte Sum of the Parts-Bewertung).

3.2. AWS (Amazon Web Services)
AWS ist die wichtigste Sparte von Amazon. AWS ist ein Cloudinfrastruktur-Anbieter. Das Kerngeschäft besteht darin, Computerressourcen auf Abruf für andere Unternehmen bereitzustellen. Die Kunden mieten sich online die Ressourcen und müssen nicht mehr in eine eigene teure IT-Hardware-Infrastruktur investieren.

Stark wachsende Unternehmen zu bewerten, ist schwer. Hohe Wachstumsraten können schnell verschwinden. Doch für Aktionäre sollte das Wachstum nicht im Vordergrund stehen. Viel wichtiger ist die Gewinnentwicklung.
Im letzten Jahr hatte AWS eine operative Gewinnmarge von 30 %. Für dieses Jahr ist die Prognose ebenfalls 30 %. In den letzten drei Jahren nahm die Marge nur noch leicht zu. Daraus kann man schließen, dass AWS die meisten Skaleneffekte ausgereizt hat.
Allerdings verzerren noch einige Faktoren die operative Marge:
- AWS investiert noch viel in Entwicklung und Marketing.
- Die Investitionen in neue Serverkapazität wachsen stärker als die Abschreibungen. Dadurch ist die operative Marge höher als der Free Cashflow.
- AWS war lange Pionier und hatte wenig Konkurrenz. Der Wettbewerb verändert sich.
Um die langfristige Ertragskraft zu ermitteln, müssen wir die Entwicklung der drei Faktoren abschätzen. Dafür gehen wir einen Schritt zurück und schauen uns das Markt- und Wettbewerbsumfeld an.
Branchenanalyse zur Cloud-Infrastruktur
Die Cloud-Revolution wird gerne mit der Entwicklung der Eisenbahn im 19. Jahrhundert verglichen. Auch die Cloud ist eine systemrelevante Infrastruktur. Sie vernetzt die Wirtschaft und ermöglicht Fortschritt.
Cloud Computing steht für die Bereitstellung von Computerressourcen auf Abruf. Diese werden über die sogenannte Datenwolke digital zur Verfügung gestellt. Kunden müssen sich beispielsweise keine teuren Datenspeicher mehr in ihr Büro stellen, sondern können digitalen Speicherplatz bei AWS buchen.
Ende der 90er Jahre stellten schon die ersten Unternehmen das Konzept vor. Facebook war 2004 ein Vorreiter der Branche. Kunden konnten ihre Fotos im Internet hochladen und speichern: Digitaler Speicherplatz auf Abruf.
Das Potenzial verstand Amazon als Erstes. Denn dem Onlinehändler begegnete damals ein großes, ungelöstes Problem. Das Geschäft war saisonalen Schwankungen ausgesetzt. Zur Weihnachtszeit war das Bestellvolumen 10-mal so hoch wie normalerweise. Die Webseite und Infrastruktur von Amazon waren zu dieser Zeit hoffnungslos überlastet, doch den Rest des Jahres verstaubte ein Großteil ungenutzt. Jeff Bezos brauchte Infrastruktur, die man flexibel hoch- und runterfahren kann. Aufgrund dieser Idee wurde AWS 2002 ins Leben gerufen.
Für Unternehmen wie Oracle klang das damals nach unsinnigen Zukunftsfantasien. Doch wenige Jahre nach Amazon sahen auch Microsoft sowie Google das Potenzial und starteten eigene Cloud-Plattformen.
Alle drei Unternehmen begannen mit der Entwicklung von digitaler Infrastruktur, hauptsächlich Server- und Speicherkapazitäten. Diese Dienstleistungen werden unter dem Begriff Infrastructure-as-a-Service (IaaS) zusammengefasst. Sie ersetzen das klassische Rechenzentrum in einem Unternehmen. Aus diesem Grundstein sind weitere Produktebenen entsprungen.
Platform-as-a-Service (PaaS) ist eine Erweiterung zu IaaS. Der Cloud-Anbieter stellt dem Kunden nicht nur die Infrastruktur bereit, sondern hilft ihm bei der Verwaltung der Ressourcen zum Beispiel mit einem Betriebssystem, einer Entwicklerumgebung, Datenbanken und Analysewerkzeugen. In dieser Umgebung kann ein Unternehmen eigene Anwendungen entwickeln.
Die dritte Ebene ist bekannt als Software-as-a-Service (SaaS). SaaS ist ein fertiges Anwendungspaket, das über das Internet bereitgestellt wird. Der Kunde kann die Anwendung direkt nutzen und muss nicht die Infrastruktur oder Entwicklung übernehmen. Diesen Bereich kennen die meisten Endanwender. Microsoft Office 365 oder Salesforce zählen hierzu.

Der Cloud-Markt wächst schnell und konzentriert sich auf wenige Firmen
In den letzten 10 Jahren haben Unternehmen den Mehrwert von Cloud-Dienstleistungen erkannt. Der Markt konnte von knapp 95 Mrd. USD Umsatz im Jahr 2015 auf 411 Mrd. USD Umsatz in 2021 wachsen. Das entspricht 27,5 % pro Jahr.

Selbst die schwächelnde Weltwirtschaft sollte den Markt nicht ausbremsen. 2023 könnte der Markt 600 Mrd. USD erreichen. Die Markttreiber sind das IaaS- und PaaS-Segment. Seit 2015 hat sich dieses Marktsegment ver-9-facht. Auch zukünftig werden die beiden Segmente schneller als der Gesamtmarkt wachsen. Wir trauen dem Markt weiterhin 15 % pro Jahr bis 2030 zu. Der Cloud-Boom wird sich verlangsamen, aber weiterhin schneller als die allgemeine Wirtschaft wachsen.
Die Frage ist, wer in den nächsten 10 Jahren das größte Stück vom Kuchen bekommt. Für den IaaS-Markt veröffentlicht der IT-Marktbeobachter Gartner jährlich die Entwicklung der Marktanteile. In den letzten fünf Jahren sind zwei Trends erkennbar:
AWS verliert stetig Marktanteile. 2016 war AWS mit über 50 % der Marktanteile der dominante Player. Doch die Konkurrenten Microsoft Azure und Google Cloud Platform (GCP) haben Marktanteile gewonnen. In China dominiert Alibaba den Markt.
Der Markt konzentriert sich. Die vier größten Anbieter haben mittlerweile 77 % der Marktanteile. Die niedrigsten Kosten und größten Skaleneffekte sind entscheidend. Kleinere Anbieter sind nicht konkurrenzfähig.

Der konzentrierte Markt hat Vorteile für die Cloudinfrastruktur-Anbieter. Sie befinden sich in keinem Preiskampf. Die Unternehmen überzeugen vor allem mit ihren Dienstleistungen, statt die Preise zu senken.
Die Situation wird sich allerdings ändern, wenn das Wachstum wegfällt. Denn IaaS und PaaS werden nicht auf einer Abonnement-Basis abgerechnet, sondern nach der Nutzung. Der Kundenvorteil von IaaS und PaaS ist, dass man die Ressourcen flexibel herunterskalieren kann. Langfristig wird dieser Bereich zyklisch sein und mit der Wirtschaft schwanken.
AWS im Konkurrenzvergleich
AWS erwirtschaftet seit Jahren hohe Gewinne. Deshalb ist es für andere Unternehmen attraktiv, die Dienstleistungen von AWS zu kopieren und für einen geringeren Preis anzubieten. Um sich davor zu schützen, hat AWS in Innovationen investiert und einen technologischen Burggraben aufgebaut.
So ein Vorteil existiert nie ewig. Jedoch ist es bisher noch keinem Unternehmen gelungen, einen technologischen Vorsprung lange zu halten. Die Frage ist nicht ob, sondern wie lange AWS Technologieführer bleibt.
Für die Bewertung müssen wir einschätzen, was AWS einzigartig macht und wieso es die erfolgreichste IaaS- und PaaS-Cloud ist. Wir haben deshalb recherchiert und verschiedene Expertenmeinungen eingeholt:
- Gartner-Marktstudien
- Ausführliche Vergleichsstudien
- Von uns geführte Interviews mit Experten
Gartner-Marktstudien
Im IT-Vergleich von Gartner, dem sog. Magic Quadrant, zeigt sich eine interessante Entwicklung zwischen 2014 und 2021. In beiden Jahren ist AWS die beste Lösung. AWS überzeugt mit dem größten Angebot und der besten Leistung. Doch Microsoft Azure und GCP haben deutlich aufgeholt. Oracle hat auch das Potenzial, sich langfristig im Markt zu etablieren. Viele andere Konkurrenten sind dagegen vom Markt verschwunden. Das stärkt unsere These. Durch die hohen laufenden Investitionen in Hard- und Software können sich nur wenige Unternehmen durchsetzen.

Besonders gefährlich für AWS werden Azure und GCP. Amazon braucht AWS als Cash Cow. AWS finanziert die anderen noch unprofitablen Geschäftsbereiche. Google und Microsoft verdienen in anderen Bereichen ihre Gewinne und haben dadurch die Möglichkeit, mehr Investitionen zu stemmen. Bisher macht Google sogar Verluste im Cloud-Bereich. Der Konzern will AWS als Nummer 1 verdrängen und hat die nötigen Ressourcen, um den Angriff zu finanzieren.
Microsoft kann ebenfalls auf andere profitable Geschäftsbereiche vertrauen. Microsoft hat sich in der IT-Branche über Jahrzehnte einen guten Ruf erarbeitet. Außerdem besitzen sie ein starkes Gesamtpaket aus vielen anderen Microsoft-Anwendungen, was AWS fehlt. Zu guter Letzt hat Microsoft keine Interessenskonflikte. Viele Unternehmen wollen nicht AWS-Kunden sein, weil Amazon mit ihnen konkurriert. Walmart ist zum Beispiel einer von Microsofts größten Kunden.

„Bei Azure geht es nicht darum, Kundendaten zu nutzen und mit dem Kunden zu konkurrieren.”
Julia White
Corporate Vice President bei Microsoft
Vergleichsstudien
Die Unternehmen BMC Software und Simform bieten verschiedene Vergleiche für Cloudinfrastruktur-Lösungen an. Dabei sticht in den Vergleichen AWS als dominante Lösung hervor. AWS profitiert von drei Aspekten:
Vollständigkeit. Das AWS-Angebot ist das älteste und damit ausgereifteste am Markt. Es ist vielseitig, bis Ende durchdacht und bietet wertvolle Dokumentationen, die Entwicklerzeit sparen.
Technik. AWS überzeugt auf technischer Seite mit der allgemein besten Leistung und schnellsten Verbindung.
Community. AWS hat die größte Entwickler-Community. Im AWS-Forum und AWS Marketplace findet man viele
Lösungen. Dank der starken Community machen Softwarefirmen ihre Software in der Regel zuerst für AWS verfügbar.
AWS ist in Sachen Qualität und Entwicklerfreundlichkeit an der Spitze. Allerdings beim Preis gilt Azure als kundenfreundlicher und GCP lockt gerade viele Kunden über hohe Rabatte an. Außerdem gibt es einzelne Disziplinen, in denen Azure und GCP die bessere Lösung sind. Hybrid-Clouds gewinnen zunehmend an Beliebtheit. Hier kombiniert man eine unternehmensinterne Cloud mit einer öffentlichen Cloud wie Azure.
Der Vorteil ist die zusätzliche Sicherheit dank der internen Cloud. Hier liegt Azure eindeutig vorne. Im Bereich Künstliche Intelligenz und Machine Learning überzeugt Google Cloud mit seiner spezialisierten Hard- und Software.

Experteninterviews
Für unsere Analyse haben wir mit zwei Experten gesprochen, die auf AWS spezialisiert sind. Einer ist Entwickler und Data Scientist, der andere ist im mittleren Management und auf Hybrid-Clouds spezialisiert. In unserem Interview lag der Fokus besonders darauf, ob AWS in den nächsten Jahren in GCP einen ernstzunehmenden Wettbewerber bekommt, der technologisch aufholt.
Unsere Interviewpartner kommen zu folgendem Ergebnis: AWS überzeugt durch die Technik. Die Geschwindigkeit von AWS ist unschlagbar. AWS besitzt mit dem Graviton-Prozessor eigene Hardware, die speziell für AWS entwickelt wurde. AWS-Kunden wie Twitter und Netflix sprechen dabei von deutlichen Performancesteigerungen. Allerdings ist Graviton für viele Einsatzzwecke nicht nutzbar. Deshalb ist der Vorteil gegenüber Azure nur begrenzt.
Den größten AWS-Vorteil sehen sie in Amazons Erfahrung und dem ausgereiften Produkt. Bei IT-Projekten kann man darauf vertrauen, dass AWS bereits ähnliche Projekte dokumentiert hat. Es ist damit einfacher, das Projekt mit AWS umzusetzen als mit GCP oder Azure. AWS spart Entwicklerzeit und somit Kosten. Aber auch bei neuen Produkten hat AWS eine hohe Qualität
“AWS [hat] eine enorme Geschwindigkeit […] und auch eine recht gute Qualität bezüglich ihrer neuen Produkte. Da sehe ich Azure und Google im Nachteil.”
IT-Manager
für Hybrid Cloud Platform bei einem DAX-Unternehmen
Bei GCP spalten sich die Meinungen. Einer der Experten ist der Meinung, dass GCP in der Qualität deutlich aufgeholt hat. Über aggressive Rabatte baut Google Marktanteile auf. Der andere Experte sieht Google langfristig kritisch. Googles Angebot kann nicht mit der Vielfalt von AWS oder Azure mithalten.
Data Scientist
bei einem MDAX-Unternehmen
Discounted-Cash-Flow-Bewertung
Mit diesem Wissen zur langfristigen Positionierung haben wir AWS anhand eines DCF-Modells bewertet.
Dabei berechnen wir den Firmenwert auf Basis der zukünftigen Free Cash Flows, die AWS erwirtschaftet. Hierbei sind unsere Zukunftsannahmen:
Umsatzwachstum
Wir gehen davon aus, dass Microsoft Azure und GCP langfristig im selben Tempo wie AWS wachsen. Alle kleineren Anbieter verlassen langfristig den Markt. Dadurch wachsen AWS, Azure und GCP schneller als der Markt. Für die Jahre 2021 bis 2025 gehen wir von 25,3 % Wachstum pro Jahr aus. Von 2025 bis 2030 nehmen wir 15,5 % Wachstum pro Jahr an.
EBIT-Marge
AWS ist Technologieführer und erzeugt dadurch Skaleneffekte. Wir schätzen, dass das bis 2026 auch so bleibt und AWS‘ Marge bis auf 32,3 % steigt. In Zukunft holen Azure sowie GCP auf und der Burggraben wird kleiner. Dadurch wird die Marge leicht rückläufig und geht bis auf 30,5 % zurück.
Abschreibungen
Die kontinuierlichen Investitionen in IT-Hardware führen zu hohen Abschreibungen. Die Abschreibungen lagen bisher bei 19 % der Umsätze. Wir gehen davon aus, dass die Abschreibungen langfristig leicht sinken bis auf 17 % der Umsätze.
Investitionsausgaben
AWS investierte in den letzten 3 Jahren ungefähr 36 % seiner Umsätze. Die hohen Investitionen sind notwendig. IT-Hardware wird schnell alt und nur mit Investitionen bleibt man Technologieführer. Da das Marktwachstum abnimmt, geht die Investitionsquote langfristig auf 18 % der Umsätze zurück.
Veränderungen im Umlaufvermögen
AWS gibt hierfür keine gesonderte Bilanz aus. Deshalb sind Schätzungen für diesen Bereich nicht möglich. Da AWS ein IT-Geschäftsmodell ist, gehen wir davon aus, dass das Umlaufvermögen keine so große Relevanz hat.
Gewichtete durchschnittliche Kapitalkosten (WACC)
AWS ist ein wachsendes Unternehmen. Dadurch ist das Risiko höher. Da wir keine Einzelbilanz für AWS haben, schätzen wir die Kapitalkosten. Die langfristige S&P 500-Rendite liegt historisch bei 8,0 % pro Jahr. Amazon als gesamte Firma kommt damit auf Kapitalkosten von 7,1 %. Um das Risiko von AWS zu berücksichtigen, nehmen wir Kapitalkosten von 9,0 % für AWS an.
Ergebnis
AWS kommt in unserem DCF-Modell auf einen fairen Wert von 879 Mrd. US-Dollar. Damit sind 67 % der Amazon Marktkapitalisierung durch AWS hinterlegt.

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3.3. Amazons Kerngeschäft

Die Bewertung ist schwierig. Man kann die einzelnen Sparten nicht einfach in einem DCF-Modell mischen, da sich die Bereiche im Wachstum und der Profitabilität deutlich unterscheiden. Die Bereiche können wir aber auch nicht einzeln im DCF-Verfahren bewerten, weil uns die nötigen Kennzahlen fehlen.
Deshalb betrachten wir die einzelnen Segmente nach ihrem Umsatz und werden sie mit einem Umsatz-Multiple bewerten. Dafür suchen wir uns möglichst vergleichbare Konkurrenten zu jedem Bereich raus und schauen, ob ihr Geschäft besser oder schlechter ist. Die übrigen Bereiche sind die folgenden:
- Handel mit eigenen Produkten und der Prime-Mitgliedschaft (1P)
- Onlinehandel mit Dritthändlern (3P)
- Werbegeschäft
Amazons Einzelhandelsgeschäft
Das Kerngeschäft von Amazon ist der Handel. Aus einem Online-Buchhändler wurde der weltweit zweitgrößte Einzelhändler. Amazon ist Weltmarktführer im E-Commerce mit Amazon.com. Nebenbei baut Amazon auch seinen physischen Einzelhandel aus unter Marken wie Whole Foods und Amazon Go. Die Amazon Prime-Mitgliedschaft ist ein Abonnement für die Kunden und kurbelt das Wachstum an.

Amazon kauft in diesem Segment Produkte ein, um sie anschließend über die Amazon-Plattform oder seine Filialen zu verkaufen. Im Onlinehandel kommen dabei 60 % der Umsätze aus den Verkäufen von Elektronik und Mode. In den physischen Geschäften dominieren Lebensmittel. Mittlerweile entwickelt Amazon auch viele eigene Produkte wie den Kindle-E-Book-Reader oder die Echo-Smart-Home-Produkte. Die Produktion überlässt Amazon anderen Unternehmen.
Für die Lieferung setzt Amazon mittlerweile auf ein eigenes Logistik- und Liefernetzwerk. Amazon hat eigene Lagerhallen und liefert einen Großteil seiner Produkte selbst aus. Dadurch spart man die Kosten von Versanddienstleistern wie UPS oder der Deutschen Post.

Das Geschäftsmodell wird mit der Prime-Mitgliedschaft abgerundet. Amazon führte Prime in 2005 ein, um den Kunden enger zu binden. Für 79 US-Dollar im Jahr bekamen Mitglieder ihre Pakete innerhalb von zwei Tagen geliefert. Amazon führte über die Jahre weitere Vorteile für Prime-Mitglieder ein und steigerte den Preis auf 139 US-Dollar pro Jahr. Es gibt den Prime Day — einen eigenen Shopping-Tag mit hohen Rabatten. Über Prime Video erhalten die Mitglieder Zugriff auf ein Streaming-Angebot.
Es gibt viele weitere Vorteile wie Prime Music, Prime Gaming und Prime Reading. Amazon Prime erreichte in 2021 bereits über 200 Mio. Abonnenten. Der große Vorteil für Amazon ist, dass die Kunden regelmäßige Cash Flows einbringen und mehr shoppen. Prime-Abonnenten kaufen doppelt so viel wie normale Amazon-Kunden.
Doch das Segment hat ein Problem. Das Segment hat nur eine dünne Gewinnmarge und verliert international noch Geld. Ohne Werbeumsätze und Dritthändler wäre das Segment unprofitabel. Das wirft die Frage auf, ob Amazon mit dem Handel mit eigenen Produkten Geld verdienen kann. Um eine fundierte Bewertung zu erstellen, müssen wir uns den Einzelhandel genauer anschauen.
Einzel- und Onlinehandel Branchenanalyse
Der Einzelhandelsmarkt ist der größte Markt unserer Zeit. Dieses Jahr wächst der Markt auf 27,3 Bio. US-Dollar an.

Der Einzelhandel ist stark fragmentiert. Das größte Unternehmen ist Walmart mit nur 2,4 % Marktanteil. Amazon kommt sogar nur auf 0,9 %. Das bedeutet einen intensiven Preiskampf. Die größten Unternehmen können sich dabei am besten durchsetzen.
Amazon ist zwar das zweitgrößte Unternehmen im Markt, aber im Onlinehandel aktiv. Der Onlinehandel ist ein Teilbereich des Einzelhandels und kommt bereits auf rund 20 % Anteil. Der Bereich wächst schneller als der gesamte Markt. In den kommenden Jahren soll das Wachstum bei 10,6 % pro Jahr liegen. Allerdings nimmt das Wachstum ab. Damit rückt die Wachstumsstory in den Hintergrund und die Profitabilität wird wichtiger.

Durch den wachsenden Onlinehandel wird Amazon vermutlich in den nächsten 5 Jahren Walmart als größten Einzelhändler der Welt überholen. Doch trotz des hohen Umsatzes und der Skaleneffekte ist Amazon unprofitabel. Denn Onlinehandel ist weniger profitabel als Offlinehandel. Auf den ersten Blick eine kontroverse These. Doch dahinter stecken strukturelle Unterschiede.
Intensiverer Preiskampf. Wenn wir in einen Laden gehen, sind wir in Kauflaune. Wir wollen nicht alle Läden der Stadt durchforsten, um die Preise zu vergleichen. Online können wir innerhalb von Sekunden hunderte Seiten nach den besten Preisen durchsuchen. Wir bestellen, wenn es Produkte im Angebot gibt und meistens dort, wo wir die besten Konditionen bekommen.
Händler sollen die Lieferkosten tragen. Für den Offlinehandel setzen wir uns ins Auto, zahlen Sprit- und Parkgebühren. Doch online wollen die meisten Kunden nicht viel für die Lieferung zahlen.
Häufigere Rücksendungen. Im Onlinehandel werden dreimal häufiger Produkte zurückgeschickt. Zurückgesendete Kleidung ist ein besonderes Problem. Die Rücksendungs- und Reinigungskosten übersteigen oft die Herstellungskosten. Dafür wollen aber die wenigsten Kunden aufkommen. Um die Rücksendungen zu minimieren, setzt Amazon auf Bücher und elektronische Geräte.
Kleinere Bestellungen. Online bestellen wir gezielt und eher einzelne Produkte als für die ganze Familie. Morgan Stanley schätzte 2019, dass die durchschnittliche Amazon-Bestellung mit 2-Tageslieferung nur 23,33 US-Dollar kostet. Amazon liegt damit deutlich hinter der Branche, die durchschnittlich 78 US-Dollar pro Bestellung erhält.
Der Kostenunterschied zwischen Online- und Offlinehandel liegt bei nur 3,3 Prozentpunkten. Aber die Einzelhandelsmargen sind hauchdünn und 3,3 %-Punkte können hier zwischen Gewinn und Verlust entscheiden. Die Frage ist, ob Amazons Onlinehandel langfristig profitabel werden kann.

Bewertung von Amazons Einzelhandelsgeschäft
Für die Bewertung von Amazons Einzelhandelsgeschäft orientieren wir uns an Walmart. Walmart ist Amazons größter Konkurrent im Einzelhandel und in vielen Bereichen ein Vorbild.
Der Konzern wächst deutlich langsamer, ist aber profitabler. Der Grund ist ein gewaltiges Vertriebsnetzwerk. Walmart besitzt fast 5.000 Filialen in den USA. Die hohe Dichte in vielen Städten ergibt lokale Skaleneffekte und Walmart kann die niedrigsten Preise anbieten.
Amazon baut den Offlinehandel mit Whole Foods und Amazon Fresh aus. Walmart baut seinen Onlinehandel aus. Das Abo Walmart+ soll ein direkter Prime-Konkurrent werden. Kunden sparen Geld, wenn sie bei Walmart einkaufen und können Filme streamen. Die beiden Unternehmen werden sich ähnlicher und konkurrieren immer stärker um Skaleneffekte und Effizienz.
Kampf um Skaleneffekte
Der große Unterschied zwischen beiden Unternehmen ist, dass Walmart in einzelnen Regionen dominiert. In 203 US-Stadtregionen hat Walmart einen Marktanteil von über 50 % im Lebensmitteleinzelhandel. Durch diese Marktmacht kann Walmart deutlich härter mit lokalen Zulieferern verhandeln und erhält einen Wettbewerbsvorteil.
Amazon als Onlinehändler konkurriert dagegen mit allen Onlineshops der Welt. Amazon kann nicht so günstige Einkaufskonditionen wie Walmart verhandeln und hat damit einen strukturellen Nachteil.
Das erklärt auch, wieso Amazon international unprofitabel ist. In den USA konnten sie eine größere Dominanz aufbauen als im Ausland. Nur in wenigen internationalen Märkten wie Großbritannien und Deutschland hat Amazon Marktanteile von über 30 % aufgebaut. Damit kommt Amazon vermutlich nicht an Walmarts Skaleneffekte heran.
Ein genauer Vergleich der beiden Unternehmen ist leider nicht möglich. Walmart handelt vor allem mit nichtzyklischen Konsumgütern und Amazon mit zyklischen Konsumgütern, die oft höhere Margen haben. Außerdem nutzt Amazon seine Logistik für das 1P- und 3P-Geschäft. Deshalb haben wir drei Szenarien ausgearbeitet:
Optimistisches Szenario: Amazon konzentriert sich auf die wichtigsten Länder. Nach dem Beispiel von Walmart baut Amazon Monopole auf und bekommt keinen Gegenwind durch Regulierungen. Dadurch steigt die Profitabilität. Da Amazons Wachstum höher ist, schlagen wir auf Walmarts EV-Sales-Multiple 15 % auf. Amazons Multiple liegt damit bei 0,82.
Neutrales Szenario: Amazon konzentriert sich auf die wichtigsten Länder. Durch Investitionen werden Skaleneffekte und Monopole aufgebaut, aber Amazon wird zum Beispiel durch Regulierungen gebremst und kann nicht das Niveau von Walmart erreichen. Wir verwenden einen Abschlag von 15 % auf Walmarts Multiple. Amazons Multiple liegt somit bei 0,60. Wir sehen dieses Szenario am plausibelsten. Amazons 1P-Segment kommt auf einen Marktwert von 167 Mrd. US-Dollar.
Pessimistisches Szenario. Amazon expandiert weiter in neue Märkte und bekommt massiven Druck von Regulierern. Es fehlen Skaleneffekte und Amazon kann nicht im Kerngeschäft profitabel werden. Gewinne werden nur durch Dritthändler, Werbung und AWS erzielt. Das Kerngeschäft des Konzerns bleibt Bestandteil der Strategie, erwirtschaftet aber selbst keinen Mehrwert. Aufgrund der hohen Vermögenswerte der Sparte wie Whole Foods, der Prime-Mitgliedschaft und den Smart-Home-Geräten nehmen wir einen Abschlag von 75 % zu Walmarts Multiple an. Amazons Multiple liegt damit bei 0,18.
Amazons Dritthändlerplattform
Neben dem 1P-Geschäft hat Amazon ein Geschäftsmodell mit Dritthändlern (3P) aufgebaut. Dritthändler können ihre Produkte beim Amazon Marketplace platzieren. Der Vorteil für die Händler sind Amazons große Reichweite und der gute Ruf. Amazon erhält im Gegenzug einen Teil der Umsätze als Gebühr. Die Gebühr liegt zwischen 8 % und 15 % je nach Produktkategorie und zusätzlichen Handelsgebühren.
Mittlerweile nutzen viele Dritthändler Amazon nicht nur als Marketplace, sondern auch als Lager- und Logistikplattform. Dieses Modell nennt sich Fulfillment by Amazon (FBA). Der Händler hat in dieser Konstellation deutlich weniger Versandarbeit. Amazon erhält im Gegenzug eine höhere Gebühr je nach Produktart. Hier kann man mit ungefähr 30 % der Umsätze als Gebühr rechnen.
eBay bietet dagegen nur seine Verkaufsplattform und keinen Versand an. Die eBay-Gebühr wird für den Verkauf und das Listen von Artikeln berechnet . Die Gebühren liegen in den USA bei den meisten Produkten zwischen 8 % und 15 %. Dadurch ist eBay deutlich profitabler und erreichte 2021 eine operative Marge von 29 %.
Die eBay-Marge ist für Amazon nicht erreichbar, weil die FBA-Logistikdienstleistungen niedrigere Margen haben. Um die Marge vom 3P-Segment zu schätzen, haben wir deshalb einige Annahmen getroffen:
Umsatz der Dritthändler. Laut Marketplace Pulse haben Dritthändler auf Amazon in 2021 rund 390 Mrd. US-Dollar an Umsatz erwirtschaftet.
Gebühren für Marketplace und FBA. Laut Fit Small Business liegt die durchschnittliche Verkaufsgebühr als Amazon-Dritthändler bei 15 %. Die FBA-Gebühren lassen sich schlecht abschätzen. Produkte bis 50 US-Dollar Warenwert sollten ungefähr 20 % Gebühren haben.
Margen von Marketplace und FBA. Wir nehmen an, dass der Marketplace in etwa eBays durchschnittliche 5-Jahres-EBIT-Marge von 24,3 % erreicht. Die FBA-Services sollten die Profitabilität von UPS erreichen, die bei 10,9 % liegt.

Mit diesen Annahmen erreicht Amazons 3P-Segment eine operative Marge von 18,5 %. Das liegt hinter den 24,3 % von eBay. Jedoch wächst eBay kaum noch, während Amazons 3P-Segment zweistellig wächst. Wir finden es deshalb angemessen, dasselbe Enterprise-Value zu Sales-Verhältnis zu nehmen. Damit bewerten wir Amazons 3P-Segment mit den 4-fachen Umsätzen.

Amazon-Ads
Wenn man Amazon schon länger verfolgt, erinnert man sich an das Segment „Others“. Ab 2015 gab es hier ein starkes Wachstum, weil Amazon anfing, auf Amazon.com Werbung zu schalten. Wenn man Amazon.com besucht, erhält man gesponserte Produkte angezeigt. Auf IMDb und Twitch erhält man klassische Onlinewerbung. Mittlerweile ist die Werbung ein eigenes Segment und kam 2021 auf 31 Mrd. US-Dollar Umsatz.

Branchenanalyse der Onlinewerbung
Werbung ist ein wichtiger Wirtschaftsbereich. Selbst die besten Produkte verkaufen sich erst, wenn der Kunde sie kennt. Allerdings wandelt sich die Werbebranche. In der Vergangenheit waren Fernsehen, Zeitungen, Radio und Zeitschriften die größten Werbekanäle.
Das Internet hat das schlagartig geändert und sich schnell zum größten Werbemarkt entwickelt. Denn im Internet kennt man die Konsumenten gut durch ihr Nutzerverhalten. Jeder Nutzer bekommt bei Onlinewerbung gezielt Werbung. Haustierbesitzer sehen häufiger Werbung zu Haustieren, Aktionäre öfter Finanzwerbung etc. Werbetreibende können mit ihrem Geld viel mehr erreichen als bei Fernsehwerbung oder Zeitschriften.
Onlinewerbung wird aktuell von Alphabet und Meta dominiert. Die Services der beiden Unternehmen gehören zu den meistgenutzten Apps und Webseiten der Welt. Dadurch entstehen viele Werbemöglichkeiten. Amazon entwickelt sich mittlerweile zur Nummer 3 der Branche.
Die meisten Werbetreibenden wollen ein Produkt oder eine Dienstleistung verkaufen. Ein Nutzer sieht die Werbung, soll sie anklicken und das Produkt kaufen. Bei Google sind jedoch viele Konsumenten nicht in Kauflaune und suchen etwas Bestimmtes. Amazon.com besucht man in der Regel, wenn man einkaufen möchte. Amazon hat sich mittlerweile sogar zur Suchmaschine für Shopping entwickelt. 53 % aller Produktsuchen starten bei Amazon und nur 23 % bei Google — von denen viele wieder zu Amazon führen.
Amazons Werbung ist effizienter und das ist Händlern mehr Geld wert. Deshalb hat Amazons Werbesparte wahrscheinlich deutlich höhere operative Margen als Google und Meta. Amazon hat kaum Ausgaben für seine Produktwerbung. Wir schätzen die operative Marge deshalb auf über 50 %. Sogar das iOS 14-Datenschutzupdate von Apple kann Amazon nicht bremsen, denn Amazon kennt das Kaufverhalten seiner Nutzer. Dadurch wurde Amazon zum Profiteur von Datenschutz.
Jedoch funktioniert das Werbegeschäft nur im Zusammenhang mit dem Onlinehandel und ist damit direkt verknüpft. Dadurch gibt es ein Regulierungsrisiko. Denn Werbung bedeutet immer einen Interessenskonflikt zwischen dem, was der Kunde relevant findet und dem, was angezeigt wird. Amazon als größter Onlinehändler könnte hier langfristig in das Visier von Regulierungen geraten.
Bewertung
Für unsere Bewertung der Werbesparte haben wir uns an der Alphabet-Bewertung orientiert. Wir denken, dass Alphabet als Marktführer für Onlinewerbung eine gute Vergleichsgröße für Amazons Werbesparte ist. Beide Unternehmen sind mit ihrer Werbung sehr profitabel, haben Interessenskonflikte für ihre Nutzer und Regulierungsrisiken.
Alphabet wird mit dem 5-fachen Enterprise Value zu Sales-Verhältnis bewertet. Amazons Werbesparte wächst deutlich schneller und hat höhere Margen. Deshalb schlagen wir 50 % auf Alphabets Bewertung auf. Damit ist das EV-Sales-Multiple 7,5 und Amazons Werbesparte ungefähr 285 Mrd. US-Dollar wert.

4. Kennzahlen
4.1. Equistor-Rating
Amazon erreicht in unserem Equistor-Rating 5 von 9 Punkten. Das verwundert im ersten Moment, denn viele Anleger sehen in Amazon ein Qualitätsunternehmen. Amazon punktet mit hohem Umsatz- und Gewinnwachstum. Die Rendite auf eingesetztes Kapital und die Verschuldung sind auch attraktiv. Amazon verliert allerdings Punkte aufgrund der Free Cash Flow-Entwicklung. Der Free Cash Flow in 2021 ist negativ. Außerdem ist Amazons EBIT in der Vergangenheit stärker eingebrochen und die EBIT-Marge liegt bei nur 5,3 %. Amazon hat sich positiv entwickelt, aber es gibt noch Potenzial für die Zukunft.

4.2. Umsatzentwicklung
Amazons Umsatzentwicklung ist beeindruckend. Das Unternehmen konnte seinen Umsatz in den letzten 10 Jahren verzehnfachen. Dabei war das Wachstum kontinuierlich hoch und ohne Übernahmen. Die Coronakrise gab in 2020 nochmals einen zusätzlichen Wachstumsschub. Jedoch nimmt die Wachstumsrate in Zukunft deutlich ab. Der E-Commerce-Markt erlebt nach Covid-19 eine Sättigung. In Zukunft sollte Amazon zwischen 10 % und 15 % pro Jahr wachsen.

4.3. EBIT und Free Cash Flow
Amazons EBIT-Entwicklung ist dagegen nicht ganz so kontinuierlich wie die Umsatzentwicklung. Amazons Wachstum sorgt in einigen Jahren für Rückgänge beim Gewinn. Seit 2017 sieht man allerdings einen klaren Wachstumstrend. Das AWS-Geschäft wird immer größer und ist zur Gewinnmaschine für Amazon geworden. Die zukünftige EBIT-Wachstumsrate soll bei 28,2 % pro Jahr liegen. Nur in 2022 wird es nochmal einen größeren Rücksetzer geben, da das E-Commerce-Geschäft Verluste schreibt.

Der Free Cash Flow ist nochmals instabiler. Die hohen Investitionen bei Amazon schlagen sich hier nieder. Es wird einige Jahre brauchen, bis sich der Free Cash Flow stabilisiert. Die Free Cash Flow-Marge lag in der Vergangenheit bei maximal 6 %.

In Amazons Margenentwicklung sieht man einen klaren Trend. Amazon wird immer profitabler. Die Bruttomarge hat sich seit 2011 fast verdoppelt und soll auch in Zukunft steigen. Die EBIT-Marge soll bis 2024 auf 8 % klettern. AWS wird immer größer und treibt die Marge an. Amazon wird vom margenschwachen Onlinehändler zum hochprofitablen IT-Konzern.

4.4. Ausschüttungen
Amazon ist ein Wachstumsunternehmen, deshalb fließen die Cash Flows bisher in das Wachstum. Es gibt für die Aktionäre keine Dividende.
Bei der Aktienanzahl sehen wir bei Amazon 2 Bewegungen. Die Aktienanzahl ist historisch um 0,9 % pro Jahr gestiegen. Denn bei Amazon bekommen die Mitarbeiter Aktien als Teil der Vergütung. In einzelnen Jahren ging die Aktienanzahl aber sogar zurück. Denn Amazon kauft eigene Aktien zurück.
Dieses Jahr wurde ein Aktienrückkaufprogramm von 10 Mrd. US-Dollar ins Leben gerufen. Wir gehen deshalb davon aus, dass die Amazon Aktienanzahl in Zukunft kaum steigen wird. Eventuell wird sie sogar leicht zurückgehen.

4.5. Bilanzanalyse
Amazons Geschäftsmodell ist kapitalintensiv und etwas zyklischer. Das zeigen auch die Sicherheitspunkte im Equistor-Rating. Amazon hat durch das E-Commerce-Geschäft sowie AWS hohe Vermögenswerte und muss kontinuierlich investieren. Die Bilanzrisiken sind insgesamt trotzdem gering.
Amazons Nettoschulden zum EBITDA liegen bei 0,7. Damit kann Amazon seine Schulden im Härtefall innerhalb von 9 Monaten vollständig tilgen. Die Zinsen könnte Amazon allerdings nicht mit dem Free Cash Flow bezahlen.
Bei den Zinsen ist Amazons Nachteil, dass der Free Cash Flow schwankt. In 2020 hätten die Zinsen weniger als 10 % des FCFs ausgemacht. In 2021 und 2022 gibt es keine Free Cash Flows, um Zinsen zu bezahlen. Das ist allerdings kein Problem, weil Amazon über 100 Mrd. US-Dollar in Cash und anderen liquiden Positionen hat. Amazon ist über mehrere Jahre finanziert und kann sich notfalls über den Kapitalmarkt weitere Liquidität besorgen. Die Rating-Agenturen S&P Global und Fitch geben beide Amazon ein AA-Rating. Damit gilt Amazon als besonders sicherer Kreditnehmer.
Der Goodwill ist bei Amazon auch kein Problem. Goodwill ist eine Bilanzposition, die bei Übernahmen entsteht, wenn man für eine Firma mehr als die Bilanzsumme bezahlt. Amazon kauft nicht häufig Unternehmen auf. Deshalb ist der Goodwill minimal. Amazon hat 15 Mrd. US-Dollar an Goodwill. Dem Goodwill stehen 138 Mrd. US-Dollar Eigenkapital oder auch 162 Mrd. US-Dollar an Immobilien, Anlagen und Maschinen gegenüber. Amazons Goodwill ist damit kein Risiko.

5. Chancen und Risiken
Die Chancen und Risiken eines Unternehmens analysieren wir mit Hilfe eines aufgeteilten SWOT-Modells. Dabei betrachten wir zuerst die Stärken und Schwächen. Anschließend die daraus entstehenden Chancen und Risiken.

5.1. Amazons Stärken
AWS als profitable Cash Cow. Amazon erwirtschaftet mit der AWS-Sparte hohe Cash Flows. Dadurch kann Amazon seine unprofitablen Geschäftsbereiche selbst finanzieren.
Marktführer in verschiedenen Branchen. Amazon und AWS sind bekannte Unternehmen mit hoher Reichweite. Die Kunden vertrauen diesen Firmen und sind damit regelmäßige Kunden.
Margenstarke Dritthändlerplattform. Der Amazon Marketplace ist für Dritthändler geöffnet und bringt Amazon höhere Margen ein durch Verkaufs- und Logistikgebühren.
Jeff Bezos als Ankeraktionär. Jeff Bezos ist der größte Aktionär und kann dadurch Amazon in gewissem Grad lenken. Amazons Management verfolgt damit langfristige Unternehmensziele. Auch die Aktienbeteiligung der Top-Manager ist eine Stärke.
Abo-Modell im E-Commerce. Amazon Prime sorgt für 139 US-Dollar wiederkehrenden Umsatz pro Haushalt. Außerdem sind Prime-Kunden treuer und bestellen häufiger.
Diversifikation der Kundenmärkte. Amazon ist nicht auf einen Sektor beschränkt. Durch die Diversifikation kann Amazon Schwächen einzelner Branchen abfedern.
5.2. Amazons Schwächen
Zyklische Branchen. Amazons Segmente sind in eher zyklischen Märkten aktiv. Das macht Amazon insgesamt zu einem eher zyklischen Konzern.
Zu große Marktmacht. Amazon besitzt im E-Commerce und in der Cloudinfrastruktur in vielen Ländern über 30 % Marktanteil. Dadurch sehen Staaten in Amazons Macht ein Risiko. Amazon ist das größte Ziel für Regulierungen im E-Commerce und in der Cloudinfrastruktur.
Hoher Investitionsbedarf. Sowohl E-Commerce als auch Cloudinfrastruktur erfordern hohe Investitionen in die notwendigen Anlagen. Diese Investitionen mindern die Aktionärsrenditen.
Personalabhängiges Geschäftsmodell. Amazon beschäftigt insgesamt über 1,6 Mio. Arbeitskräfte. Der hohe Personalanteil kann zu Risiken bei Streiks oder Personalbeschaffung führen.
Hohe Energiekosten. Amazons E-Commerce-Geschäft benötigt viel Energie für die Logistik. Lagerhallen müssen klimatisiert und geheizt werden, Fahrzeuge benötigen Treibstoff.
Keine globale Aufstellung. Amazons Kernmärkte sind die USA, Deutschland, Großbritannien und Japan. Damit ist Amazon global auf wenige Länder beschränkt und besonders von den USA abhängig.
Schlechtes Timing der Investitionen. Amazon hat in 2021 eine Menge Kapital in sein E-Commerce-Geschäft investiert. Das Timing ist schlecht. Die Wirtschaft steuert auf eine Rezession zu. Damit könnten viele der Investitionen nutzlos werden.
5.3. Amazons Chancen
Synergien zwischen AWS und Konsumentengeschäft. Amazons Stärke ist, dass sie kein reiner IT-Konzern sind, sondern aus dem Konsumbereich kommen. Dadurch kennt Amazon die Kundenbedürfnisse und hat einen großen Datenschatz. AWS ist wahrscheinlich so gut, weil Amazon diese Bedürfnisse so gut versteht. Das könnte in Zukunft ein Wettbewerbsvorteil sein.
Wachstum der Dritthändler. Amazon profitiert vom Wechsel zu Dritthändlern. In Zukunft überlässt Amazon eventuell das Feld und reduziert das Geschäft mit eigenen Produkten. Dadurch würde Amazons E-Commerce-Marge deutlich ansteigen.
Amazon Fresh erobert die Mini-Märkte. Amazon Fresh ist eine physische Mini-Markt-Kette. Kunden müssen nicht mehr an einer Kasse stehen, sondern können mit den Produkten einfach den Laden verlassen. Dadurch sinken die Personalkosten. Amazon könnte damit die physische Welt erobern oder die Lösung an andere Mini-Märkte vermieten.
Smart Home als Wachstumsplattform. Amazon Echo ist Marktführer für smarte Lautsprecher, Amazons iRobot ist Marktführer für Staubsaugerroboter. Smart Homes könnten ein deutlicher Wachstumstrend werden, bei dem sich Amazon früh positioniert hat. Amazon profitiert als E-Commerce-Unternehmen auch von den Kundendaten.
Amazon Prime als Beschleuniger für E-Commerce. Die Anzahl an Prime-Mitgliedschaften wächst von Jahr zu Jahr. Amazon erzeugt Synergien mit dem E-Commerce-Geschäft und könnte so seine Marktführerstellung in Zukunft weiter ausbauen.
Kostenersparnisse durch Aktiensplit. Jeder Amazon-Mitarbeiter erhält Mitarbeiteraktien. Als Amazons Kurs bei 3.000 US-Dollar stand, war das Programm sehr teuer. Durch den Aktiensplit werden vermutlich Kosten eingespart.
5.4. Amazons Risiken

AWS verliert an Marktmacht. AWS ist Amazons größter Werttreiber und die Cash Cow. Dadurch ist AWS wichtig. Wenn AWS an Burggraben verliert oder der Markt an Wachstum, dann könnte Amazons Bewertung stark fallen. Falls die Profitabilität sinkt, könnte Amazon sogar Cash-Flow-Probleme erhalten.
Regulierungen im E-Commerce. Amazons größtes E-Commerce-Risiko sind die Kartellämter. Amazon erhält fast regelmäßig Strafen wegen Wettbewerbsproblemen. Es könnte passieren, dass Amazons Gewinne durch Regulierungen reduziert werden.
Inflation und Rezession. Cloudinfrastruktur und E-Commerce sind eher zyklische Märkte. Amazon könnte in Zukunft durch den Wirtschaftszyklus getroffen werden, wenn Kunden ihre Ausgaben einsparen und sie ihre Kosten nicht weitergeben können.
E-Commerce bleibt unprofitabel. Amazons größter Umsatzbringer könnte eventuell langfristig unprofitabel bleiben. Die geringen Verkaufsmargen und die teure Infrastruktur sind Nachteile für Amazon. Im schlimmsten Fall kann Amazon seine eigenen Produkte niemals mit Gewinnen verkaufen.
Gewerkschaften. Die Personalabhängigkeit bei Amazon kann zum Risiko werden, wenn sich Gewerkschaften stärker gegen Amazon durchsetzen. Durch Streiks und Gehaltsforderungen kann Amazon teuer belastet werden.
Wettbewerb im E-Commerce. Amazon genießt in vielen Märkten die Marktführerschaft. Der Wettbewerb zieht nach. Eine Zeit lang war die Wish-App mehr gedownloadet als die Amazon-App. Walmart gewinnt gegen Amazon Marktanteile. Das E-Commerce-Umfeld könnte immer wettbewerbsintensiver werden.
Steigende Energiepreise. Amazon ist energieintensiv. Die Risiken kann man schlecht abschätzen, aber das E-Commerce-Geschäft kämpft mit höheren Lieferkosten. Eventuell kann man die Kosten nicht ganz an die Konsumenten weitergeben.
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6. Bewertung
6.1. Multiple-Bewertung
Die Multiple-Bewertung war bei Amazon in der Vergangenheit nie ein gutes Maß, um das Unternehmen einzuschätzen. Denn Amazon zielte nie auf große Gewinne ab. In den letzten Jahren konnte man bei den Multiples allerdings eine Tendenz erkennen:
Amazon Enterprise Value zu Sales-Verhältnis (zu lesen wie das Kurs-Umsatz-Verhältnis) beträgt 2,6 und ist nach einer jahrelangen Hochphase im historischen Mittel angekommen.

Das Enterprise Value zu EBIT-Verhältnis ist in der Vergangenheit zu stark geschwankt. In den kommenden Jahren soll es deutlich sinken. In 2024 wird Amazon nur noch mit dem 22-fachen prognostizierten EBIT bewertet. Die Bewertung wirkt günstig.

Das KGV war bei Amazon noch nie eine hilfreiche Kennzahl. Man erkennt jedoch den Trend zum sinkenden KGV. Die hohen AWS-Gewinne lassen den Amazon Gewinn wachsen. In 2024 ist ein KGV in den 30ern realistisch. Wir finden die Bewertung attraktiv.

6.2. Sum of the Parts-Bewertung
In den vorherigen Kapiteln haben wir für Amazons Sparten eigene Marktwerte berechnet. Denn Amazon lässt sich mit klassischen Methoden wie einem DCF-Modell nicht sinnvoll bewerten. Wir haben deshalb die Sum of the Parts-Bewertung verwendet.
Amazon ist theoretisch so viel wert wie die Summe seiner Sparten. Sicherheitshalber haben wir von unserer Berechnung 10 % abgezogen. Damit erreicht Amazon einen fairen Marktwert von 1.570 Mrd. US-Dollar. Das ist eine Unterbewertung von ca. 16 %. Damit kommt Amazon auf eine jährliche Renditeerwartung von 9,5 % pro Jahr.
Amazons größte Werttreiber sind mittlerweile AWS und das 3P-Geschäft. AWS macht 56 % unseres berechneten Werts aus. Der Einzelhandel mit eigenen Produkten ist dagegen das kleinste Segment mit nur 167 Mrd. US-Dollar Marktwert.

Kurs | Renditeerwartung |
---|---|
60 US-Dollar | 18,1 % |
70 US-Dollar | 16,3 % |
80 US-Dollar | 14,7 % |
90 US-Dollar | 13,4 % |
100 US-Dollar | 12,2 % |
110 US-Dollar | 11,1 % |
120 US-Dollar | 10,2 % |
130 US-Dollar | 9,5 % |
140 US-Dollar | 8,5 % |
150 US-Dollar | 7,8 % |
160 US-Dollar | 7,1 % |
170 US-Dollar | 6,4 % |
180 US-Dollar | 5,8 % |
190 US-Dollar | 5,2 % |
200 US-Dollar | 4,7 % |
210 US-Dollar | 4,2 % |
220 US-Dollar | 3,7 % |

8. Fazit der Amazon Aktienanalyse
Amazon ist ein Großkonzern, der aus Cloudinfrastruktur, E-Commerce, Medien und vielen weiteren Segmenten besteht. Amazons Stärke ist, dass sie in ihren Disziplinen meistens Marktführer sind. Damit haben sie ein mächtiges Ökosystem aufgebaut, das immer noch wächst und Innovationen auf den Markt bringt.
Mittlerweile ist der Amazon-Gründer Jeff Bezos als CEO zurückgetreten. Sein Nachfolger ist Andy Jassy. Damit liegt Amazons zukünftiger Fokus besonders auf dem Cloudinfrastrukturgeschäft. Andy Jassy ist ein fähiger CEO und im Hintergrund ist Jeff Bezos als Ankeraktionär weiterhin aktiv.
Amazons Sparten durchleben eigene Wachstumspfade. Die Cloudinfrastruktur-Sparte AWS ist die Cash Cow des Konzerns. AWS ist profitabel und erwirtschaftet hohe Cash Flows. AWS ist der Vorreiter der Branche und in unserer Wettbewerbsanalyse kamen wir zu dem Schluss, dass AWS deutliche Vorteile gegenüber der Konkurrenz hat und diese vermutlich halten kann.
Amazons E-Commerce-Sparte kann man in zwei Bereiche aufteilen. Amazon verkauft selbst Produkte (1P) und Dritthändler verkaufen über Amazon Produkte (3P). Das 1P-Geschäft hat größere Schwierigkeiten mit der Profitabilität durch den Wettbewerb und hohe Investitionen. Das 3P-Geschäft dagegen wächst stark und liefert attraktive Margen. Es ist ein großer Gewinnbringer für Amazon. Amazon würzt das Geschäft noch mit seiner Werbesparte. Amazons Werbung ist hochprofitabel und wird langfristig eine Cash Cow für das Geschäft.
In den Kennzahlen sieht man, dass Amazon noch ein Wachstumsunternehmen ist. Amazon hat kontinuierliches Umsatzwachstum. Das Gewinn- und Free-Cash-Flow-Wachstum holpert dagegen etwas. Amazon investiert in einzelnen Jahren stark in weiteres Wachstum. Die Bilanz ist fast schuldenfrei und es gibt wenig Goodwill.
In der Risikenanalyse sind der AWS-Erfolg und drohende Regulierungen relevant. Diese Risiken muss man besonders beobachten, weil sie Amazons Erfolg langfristig schädigen können.

“Wir sehen die Amazon Aktie als kaufenswert beim aktuellen Kurs von 127,80 US-Dollar. Es gibt genügend Potenzial im Unternehmen.“
Benjamin Franzil
Co-Gründer und Geschäftsführer von Equistor
In unserer Bewertung ist Amazon leicht unterbewertet. Wir kommen auf 9,5 % Rendite pro Jahr bei einem Kurs von 127,80 US-Dollar und 10 % Sicherheitsabschlag. In der Multiple-Analyse ist Amazon historisch auch eher günstig bewertet. Die Bewertungstreiber sind das AWS- und 3P-Geschäft.
Wir sehen die Amazon Aktie als kaufenswert. Amazon ist eines der größten Unternehmen der Welt. Trotzdem gibt es genügend Potenzial im Unternehmen. Allerdings muss man sich bewusst machen, dass über 50 % der Bewertung durch AWS ausgemacht werden. Amazon ist überwiegend ein Investment in AWS. Die E-Commerce-Aktivitäten könnten langfristig weiter in den Hintergrund rücken. Wir können uns damit allerdings anfreunden und sind auf weitere Innovationen gespannt.
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Benjamin Franzil
Co-Gründer und Geschäftsführer von Equistor
Bei Equistor bin ich als Geschäftsführer für die Erstellung und Qualität unserer Aktienanalysen verantwortlich. Als Team steigen wir tief in die Geschäftsmodelle von Unternehmen ein, um die wesentlichen Werttreiber herauszufinden. Im Rahmen meiner eigenen Investmentstrategie setze ich auf solides Wachstum, Krisenstabilität, Markenstärke und eine attraktive Dividendenpolitik. Besonders spannend finde ich Unternehmen aus dem Luxusbereich und der Restaurantbranche.

Laurenz Köhler
Analyst
Bei Equistor bin ich als Aktienanalyst für die Recherche und Erstellung unserer Aktienanalysen verantwortlich. Ich beschäftige mich vor allem mit Bewertungsmodellen, insbesondere DCF-Modellen durch meine Erfahrung aus dem Investment Banking und der Wirtschaftsprüfung. Erfahrung habe ich mit der Analyse von Unternehmen aus dem Automobil- und Medienbereich.
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9. Quellen
Kennzahlen | zum Bericht |
Andy Jassy Bezahlung | zum Artikel |
Amazon Order Value | zum Artikel |
Amazons Produktkategorien | zur Statistik |
Amazon Prime Umsatz pro Kunde | zum Artikel |
Gartner Magic Quadrant | zum Artikel |
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